Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)

Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 213 welche seit Errichtung des Ministerialbüros für Pergen und seit dessen Amtsführung als oberster Polizeichef beständig in Kollisionen und Kom­petenzstreitigkeiten mit dem Polizeiminister standen. Die unter Josef II. bestehende Vermengung des öffentlichen sowohl wie auch des geheimen Dienstes in sachlicher und persönlicher Beziehung8 * * 88) war die Quelle des Übels, darin stimmten der Kaiser und seine Ratgeber überein und ver­sprachen sich von einem Abbau der Josefinischen Polizei das Heil. Die neue Polizeiverfassung blieb nur verhältnismäßig kurze Zeit in Kraft, zu kurz jedenfalls, um gegen ihre Schöpfer ein Werturteil abgeben zu können. Der frühe Tod Kaiser Leopolds II. brachte seinen Sohn Franz auf den Thron. Franz II. war kein Mann, von dem neue grundlegende Impulse für den von seinen Vorfahren ausgebildeten Staatsapparat zu erwarten waren. Franz vertrat in seiner Innen-, ebenso wie in seiner Außenpolitik, den Grundsatz des Beharrens, der Konservierung erstarrter Staats- und Ge­sellschaftsordnungen. Es kann daher nicht wundernehmen, daß in seinem Staatsapparat die Polizei eine bedeutende Rolle spielte und ihm deshalb die spätere Geschichtsschreibung die Umwandlung Österreichs in einen Polizeistaat89) zuschrieb90). Die ersten Regierungsjahre Franz II. ver­gingen damit, daß der Kaiser seinen Behördenapparat häufig umorgani­sierte, wobei er auf ältere Formen, wie etwa die Vereinigung der politi­schen und Kameralbehörden in einem Directorium zurückgriff, um wieder sehr bald darauf in Umkehrung dieses Haugwitzschen Prinzips die Hof­kanzleien mit der Obersten Justizstelle zu vereinigen91). Es kann nicht überraschen, daß der junge Kaiser den von seinem Vater, als spezifischen Vertreter der politischen Prinzipien seines Vorgängers, entlassenen Pergen wieder berief und ihn mit der Wiedererrichtung der Polizei wie sie unter 8S) ebenda ... Der höchstselige kaiser vermengte die geheime staats-polizey mit der öffentlichen polizey der residenzstadt in geschäften sowohl als in beam­ten. Dies verursachte ein allgemeines mistrauen gegen die hiesige polizey ... da seine majestät dieses allgemeine mistrauen gewahr wurden und zugleich erfah­ren mussten, dass hiedurch auch die öffentlichen polizey-geschäfte vielen wesent­lichen hindernissen ausgesetzt seyen, ja wohl auch die heilsamsten absichten gleichsam in ihrer Urquelle schon erstickt werden, suchten allerhöchstdieselben dem polizeydirectorio ein höheres ansehen zu geben und verwebten auch erhabnere Staatsgeschäfte mit der amtierung desselben. Dieser umstand bestättigte viel­mehr die bereits wurzelfassenden vorurtheile gegen eine menschenfeindliche geheime polizey und dies zwar umso mehr als alle hofstellen in eine ärgernis­gebende kollision kamen. 80) Zum Polizeistaat vgl. K. Wolzendorff, Der Polizeigedanke des modernen Staates. Abhandlungen aus dem Staats- und Verwaltungsrecht 35 (1918). — F. X. Funk, Die Auffassung des Begriffes Polizei im vorigen Jahrhundert, Zs. f. d. gesamte Staatswissenschaft 19/20 (1863), S. 516. 90) Langsam, a. a. O., S. 97. P. P r u c h a, Die österreichische Polizei­praxis (1887), S. 1. 91) J. B e i d t e 1, Geschichte der österreichischen Staatsverwaltung 2 (1898), S. 14 f. B e n n a, a. a. 0., S. 122.

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