Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 209 örterte die Stellung der Kirche und des Klerus nach den Säkularisationen und gab zu, daß die rein materiellen Erfolge dieser Maßnahmen weit hinter den in sie gesetzten Hoffnungen zurückblieben, da die Manipulationen der staatlichen Finanzbehörden, vor allem der Kameraladministration, in der Öffentlichkeit den Anschein erwecken mußten, die für kirchliche Erfordernisse bestimmten Mittel würden willkürlich für Staatsausgaben verwendet63). Pergen sah den drohenden Sturm heraufkommen; nicht nur, daß sich von außen die Feinde Österreichs zusammenrotteten, erfüllte ihn mit Sorge, er sah vielmehr den Angriff der teilweise von den bisherigen herrschaftlichen Bindungen emanzipierten Bauern auf die bestehende Gesellschaftsordnung voraus, der unter dem Losungswort der Freiheit jederzeit losbrechen konnte64). Aus dieser gefährdeten Lage der Monarchie gab es nach Pergen nur einen Ausweg, Entsendung eines Ministers nach Galizien zur Abstellung der Beschwerde der Stände und Erlassung eines Handschreibens an die ungarische Hofkanzlei mit Sistierung des Ausmessungsgeschäftes in Ungarn65). Das vom Kaiser selbst geschaffene Instrument der Polizei funktionierte klaglos bis zu seinem Tode. Josef II. ver63) ebenda. 90. Das publikum sein mistrauen über alles, was mit dem ein- gezogenen geistlichen Stiftungen vorgegangen, nicht verbergen, weil dasselbe nicht nur durch das geschrey so vieler pfarrer sich überzeuget hat, dass die austheilung und zuschlagung der messen zu ihrem jährlichen einkommen von den buchhaltungen gleichsam als eine finanz-operation behandelt, und viele derer selben, weil die congrüa mit zuschlagung dieser messen bestimmet worden, ihren hinlänglichen lebensunter halt kaum finden, sondern auch sicher zu seyn glaubet, dass bey den aufgehobenen geistlichen gütern durch die cameral- administrationen so schlecht gebaaret worden, dass der religionsfond auf das äusserste verkürzet und die aufhebung so vieler klöster andurch veranlasset worden sey; und eurer majestät gehabte heilsame absicht bey bestimmung dieses eigentlichen religionsfonds in allen ländern ist ungeachtet der offenkundigen Wohltat, welche eure majestät auch dem geringsten unterthan durch die doti- rung der bettelmönche, die ihm vormal zu einer so beschwerlichen last gefallen, haben angedeihen lassen, gehässig geworden, zugleich auch das mistrauen entstanden, als ob der fond. welcher blos zum Besten der religion bestimmet ist, mit dem aerario vermischet worden sey, und zu andern Staatserfordernissen nach willkühr verwendet werde. 64) ebenda ... der bauer, welcher zwar in der that einer erleichterung würdig war, von eurer majestät aber zu der glücklichsten klasse aller ihrer unter- thanen gemacht worden, mithin alle Ursache hat, eurer majestät grossmuth zu preisen, ist — stolz auf diesen gnädigsten Vorzug — dennoch unzufrieden, weil er von allen Schuldigkeiten gegen seinen herrn frey seyn will, und auch wirklich in dem irrwahn ist, von allen entledigt zu seyn; und obschon er auf seinen herrn im grund keine achtung mehr hat, so ist er doch zu sehr zur unruhe geneigt, weil er von niemand mehr im zäum gehalten werden kann; und bey der ersten last, es sey durch lieferungen, fuhren, rekrutierungen oder geldbeträge, die im kriege unvermeidlich sind, wird er widerspenstig werden, und zu bedenklichen auftritten anlass geben, gewis aber in solchen ländern, wo das wort frey- heit ertönen wird, alle wohlthaten vergessen und bey einer, Gott verhüte! wirklichen meuterey den grossen häufen ohne uiberlegung ausmachen. 65) ebenda. Mitteilungen, Band 6 14