Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
208 Anna Hedwig Benna rungsmaßnahmen hervorgerufen worden war. Der Polizeiminister betrachtete es als seine Pflicht, dem Kaiser alles mitzuteilen, was er unbedingt wissen müßte, und ihm vor allem die Gründe darzulegen, welche nach seiner und des vernünftigen Publikums Ansicht für die allgemeine Mißstimmung verantwortlich zu machen waren. Die Öffentlichkeit verübelte es dem Kaiser, Neuerungen eingeführt zu haben, ohne vorher seine Ratgeber zu hören, die Stände in ihrer politischen Aktivität lahmgelegt zu haben, alle Länder der Monarchie nach gleichen Grundsätzen regieren und alle Untertanen gleich behandeln zu wollen59 60). Als besonders unpopuläre Maßnahmen des Kaisers führte Pergen die neue Steuerregulierung, welche das Band zwischen Grundherrschaften und Untertanen lockerte, sowie die Abfassung des neuen bürgerlichen Gesetzbuches an30). Die Steuerregulierung habe zu einer schweren Schädigung des Adels geführt, der sich nun vor einer Angleichung seines Lebensstiles an den des Bürger- und Bauernstandes gestellt sah, denen er schon längst in politischer Beziehung nach Zerstörung seiner Machtstellung ähnlich geworden war61)- Der Bürgerstand erlitt durch die Erleichterungen, welche den Gesellen zur Erreichung des Bürger- und Meisterrechts gewährt wurden, Schaden62). Pergen er59) St K Notenwechsel ad Polizei^ Fz. 29 (Benna, a. a. O., S. 118) lmo dass, wenn allerhöchstdieselbe eine anstatt für gut halten, sie solche auch ohne weiters eingeführet wissen wollen, die rathschläge ihro erfahrensten diener nicht achten und bloß nach dero gutdünken entschliessen, ungezweifelt in der Sicherheit, dass dero unterthanen glücklich werden und eure majestät nichts daran hindern soll. Worauf 2 o das System festgestellet zu haben scheineten, alle länder ihrer weitläufigen monarchic auf die nämliche art zu regieren, und ihre unterthanen durchaus gleich zu behandeln, ...................Uv die ständischen corpora, welche doch d ie vorzüglichste stütze der monarchie in kriegs- und friedenszeiten sind, besonders auch durch ihren kredit, weil selber dem aerarialkredit, durch welchen nicht alle gläubiger mit hypotheken versehen werden können, vorzuziehen ist, jederzeit die wichtigsten dienste geleistet haben, beinahe gänzlich zernichtet — und auf ihre Vorstellungen bey Veranstaltungen, die doch das wohl und weh ganzer länder, dann das eigenthum so vieler privatorum betreffen, keine rück- sicht genommen, sondern denenjenigen glauben bey gemessen, welche die anmer- kungen dero landesmitglieder, so ihre treue durch saecula bewähret, als eigennützig und widerspenstig geschildert — und auf diese art zum nachtheil des Vaterlandes besten eurer majestät Zutrauen gegen sie vermindert haben. 60) ebenda. 50. Bey der neuen Steuerregulierung vorgegangen worüber ich eurer majestät von zeit zu zeit seit deren anfang und erst jüngsthin unterm 5ten dieses monats meine allerunterthänigste anmerkungen zu eröffnen mich unterfangen habe, und hierauf beziehe. 61) ebenda. Der adel ist mit recht unzufrieden, weil derselbe durch das bürgerliche sowohl, als kriminalgesetzbuch und durch die neue steuerrectifi- cation in seinem eigenthum ohne verschulden äussert gekränket und so erniedriget worden, dass zwischen dem bürger und bauernstand mit dem seinigen ein sehr geringer unterschied mehr sich zeiget ... 62) ebenda ... Der bürgerstand wird durch die Vervielfältigung desselben mittels, der erleichterung der gesellen zum bürger- und meisterrechte, in seinem Verdienste merklich geschmälert und durch die entkräftung des adels und der geistlichkeit gleichsam ärmer geworden.