Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
202 Anna Hedwig Bemia tion scheiterte am Widerstand der b.-ö. Hofkanzlei25). Die Regierung Josefs II. brachte die unter Maria Theresia begonnene Einrichtung von Polizeibehörden zur Vollendung. Es entstand 1789 als Zentralbehörde das Ministerialbüro Pergens26). Der frühe Tod Josefs II. und die Regierung Leopolds II. bedeuteten in der Geschichte der neuen Zentralbehörde nur eine Zäsur, das Ministerialbüro erstand bereits 1793 als Polizeihofstelle mit Pergen als Präsidentenä6a). Das Wiener Polizeiamt erfuhr in den ersten Regierungsjahren Josefs II. seine Umbildung zur Wiener Polizeidirektion. Josef II. führte das von seiner Mutter begonnene Werk der Ausschaltung des ständischen Einflusses in der Länderverwaltung konsequent zu Ende. Im Frühjahr 1782 erfolgte die Aufhebung des ständischen Verordnetenkollegiums in Niederösterreich. Den Ständen wurde die Verwaltung ihrer eigenen ständischen Fonds entzogen, es blieb ihnen nur mehr die Möglichkeit, vier Männer aus ihren Reihen in die Landesregierung zu entsenden, die landesfürstlichen Beamten gleichgehalten wurden. So kam es, daß der n.-ö. Landmarschall, Graf Pergen, den Posten eines Regierungspräsidenten übernahm. Der Kaiser machte die Hofkanzlei mit seinen Absichten und Plänen zur Neuorganisierung der niederösterreichischen Regierung durch Handschreiben vom 1. März 1782 27) bekannt und gab den Auftrag, über seine Hauptgrundsätze mit den Finanzzentralbehörden und dem neuen Landmarschall zu beraten. Bezüglich der Polizei fand der Kaiser die Errichtung eines eigenen Kreisamtes für Wien notwendig, dessen Leitung einem Regimentsrat mit dem Titel Stadthauptmann oder Polizeioberaufseher zu übertragen sei. Der Polizeioberaufseher hätte die gewöhnlichen Polizeisachen an die Landesregierung zu berichten28). Der Tätigkeitsbereich des Polizeioberaufsehers sollte jedoch nicht nur in der Vollziehung der geheimen Aufträge bestehen, es blieben ihm noch eine Reihe von sicherheitspolizeilichen Maßnahmen. Nur Markt-, Straßen- und Lebensmittelpolizei sollten in den Aufgabenbereich des städtischen Magistrats fallen 29). Die Beratung des kaiserlichen Planes durch Hofkanzlei, Hofkammer, Hofrechenkammer uind Landesregierung zeitigte ein konkretes Ergebnis in Gestalt eines Separatvotums des Grafen Pergen, der auf Grund seiner, während seiner Tätigkeit als Landmarschall seit 1775, gesammelten Erfahrungen dem Kaiser die faktische Unmöglichkeit der Besorgung der Polizeigeschäfte durch den ohnehin schon überlasteten Wiener Stadthauptmann vorstellte30). Josef II. verschloß sich diesen gewiß berechtigten 26) Kallbrunner, a. a. O., S. 239, 240, 29. 26) Vgl. unten S. 207. 26a) Vgl. unten S. 213, 215. 27) Walter, Polizei, S. 28. Oberhummer, 1, 47. Ben na, a. a. O., S. 72. 28) Walter, Polizei, S. 28. 29) Ebenda. 30) Walter, a. a. O., S. 29, Benna, a. a. O., S. 72.