Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 201 des Sieur de la Maire, Traité de la Police, einzusenden, sondern auch die zweifelsohne in Paris bestehenden, geheimen Polizeieinrichtungen zu erkunden20). Der französische Minister Choiseul zeigte zunächst wenig Neigung, auf die Wünsche des österreichischen Botschafters einzugehen, er gab Mercy zu verstehen, daß er, falls Informationen über die geheime Polizei abgegeben würden, Staatsgeheimnisse preisgäbe. Erst die Versicherung Mercys, man sei in Wien geneigt die dortige Polizei nach Pariser Muster zu organisieren, besiegte Choiseuls Mißtrauen. Im Hinblick auf die Freundschaft der beiden Höfe versprach er die verlangten Informationen zu geben21). Konkrete Ausarbeitungen in Gestalt eines umfangreichen Mémoirs des Mr. de la Maire langten in Wien erst 1771 ein22). Das Ergebnis dieser Fühlungnahme mit Frankreich war die Einteilung der Stadt Wien in 12 Viertel nach Pariser Vorbild und eine starke Personalvermehrung23). Im übrigen erklärte die böhmisch-österreichische Hofkanzlei 1773, das französische System sei zu kostspielig24). Die Mariatheresianische Polizei blieb auf Wien und die n.-ö. Regierung beschränkt. Die 1767 von einem Unbekannten angeregte Erichtung einer, direkt der Kaiserin wie eine Hofstelle unterstehenden Polizeidirek20) HHSTA. Frankreich 206. Weisung Kaunitz an Mercy, 1768 März 2. . . . Je weniger die nicht allein zur bequemlichkeit, sondern selbst zur Sicherheit des bürgerlichen lebens unentbehrliche Ordnung eines wohl eingerichteten stadtwesens hier bekannt oder doch in Übung ist, einen desto grösseren dienst werden euer excellenz allen einwohnern dieser haupt-stadt leisten, wenn dieselben sich bemühen wollen, alle dahin zielende nachrichten und känntnisse zu sammlen, und zu seiner zeit einzuschicken. Hierunter gehöret zwar freylich und vornemlich der bekannte traité de la police du Sr. de la Marre mit allen seinen nachträgen, welchen eure excellenz mithin gelegentlich zu überschicken belieben; es wird aber ferner unumgänglich nöthig seyn, nicht allein alle zur ausübung der in gedachten traité enthaltenen Verordnungen erforderliche handleitungen, sondern auch alle die übrigen geheimen einrich- tungen zu erforschen, welche nicht zu der kenntnis des gemeinen mannes ge-- langen, und mittelst deren allein gleichwohl die gemeine Sicherheit vermag befördert werden. 21) HHSTA. Frankreich 207, Bericht Mercy an Kaunitz, 1768 März 27. 22) HHSTA. Frankreich, 207, Bericht Mercy an Kaunitz, 1768 September 9, 216, Bericht Mercy an Kaunitz, 1771 Mai 22 PS, Juni 22 PS. Das von Mr. de Ja Maire verfaßte „Mémoire sur la Police de Paris“ langte mit dem PS zu Bericht aus Paris 1771 Juni 22 bei der Staatskanzlei ein, kam laut Dorsualvermerk Einsendung des Mémoire die hiesige Politzey-Verwaltung betr. und der Fortsetzung des Inventarii der hiesigen Gesandtschaftsschriften samt besagten 2 Bey- lagen, wovon die erste nicht ad acta gekommen ist. NB. ist Herrn Grafen von Seilern zugeschicket, von ihme den 2U. Augusti anbegehret und sodann den It. Septembris wieder zugefertiget worden. Das Mémoire gelangte in die Bibliothek der Staatskanzlei und von dort in die Handschriftensammlung des HHSTA. Handschrift Böhm. n. 662, Rot 86. Zum französischen Einfluß vgl. Bibi, 223. Ob er hu mm er, 1, 29. 23) Ober hummer, 1, 24. Ben na, a. a. 0., S. 70, 71. 24) HHSTA. STR. 174/1773. Benna, a. a. O., S. 70, 71.