Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

BENNA, Anna Hedwig: Preces Primariae und Reichshofkanzlei (1559–1806)

88 Anna Hedwig Benna zisten in geistlichen Kurfürsten- und Fürstentümern verzichteten4). Das kaiserliche Erstbittrecht erstreckte sich auf Metropolitan-, Kathedral- und Kollegiatkapitel, Mönchs- und Nonnenklöster, Ritterordenskonvente und Spitäler, Pfarrkirchen und Altarpfründen auf dem ganzen Reichsgebiet5). Die Besetzung von Bischof Stühlen blieb davon ausgenommen6). Die Be­deutung dieses Instituts darf nicht unter-, aber auch nicht überschätzt werden. Eine gegenreformatorische Waffe in den Händen des Kaisers wurde es nicht, obwohl es zweifellos dem Reichsoberhaupt gestattete einen, wenn auch beschränkten Einfluß auf die persönliche Zusammensetzung von Stiften und Konventen auszuüben und sich Anhänger zu sichern. Es gab dem Kaiser die Möglichkeit unter Einhaltung der kirchenrechtlichen Vor­schriften über die Idonietät der den Kollatoren nominierten Personen ver­diente Familien durch die Nomination eines Mitgliedes zu belohnen. Eine Durchsicht der aus den neueren Jahrhunderten in großer Zahl erhaltenen Suppliken7) läßt den Kreis der Prezisten erkennen. Diese entstammten zum überwiegenden Teil aus den Kreisen der obersten Beamtenschaft der Reichs- und erbländischen Behörden, der Beamtenschaft der geistlichen Kurfürsten und Fürsten; Militärfamilien wurden weniger bevorzugt8). Für die Versorgung der Hofdienerschaft stand dem Kaiser die Vergabung der Laienherrenpfründen zur Verfügung9). Die Effektuierung der Bitt-' briefe gelang nicht in allen Fällen. In den Beständen der Judizialakten des Reichshofrats finden sich zahlreiche Prozesse, welche von kaiserlichen Prezisten gegen entgegenstehende Rechtstitel geführt wurden10). Die Be­reitwilligkeit der Kollatoren ließ häufig sehr zu wünschen übrig, so daß es gelegentlich einer Reihe kaiserlicher Mandate bedurfte, um die Prezi­4) Vgl. unten S. 92. 5) Bauer, a. a. O., S. 1—6. 6) B a u e r, a. a. O., S. 25, 53. 7) Primae Preces, Fz. 1—20 enthalten die alphabetisch nach den Namen der Prezisten bzw. Supplikanten um Preces geordneten Suppliken, vorwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert, vgl. Feine, a. a. O., S. 2. Gesamtinventar V/8, S. 314. Santifaller, a. a. O., S. 581. Die Primae Preces Akten werden im folgenden als PP. zitiert. 8) Folgende Suppliken von Militärpersonen blieben unerledigt: Barratius (PP. 2), Oberst Vinzenz Freiherr von Bethlen (PP. 2), Generalauditor Johann Albert von Beelen (PP. 2), Generalfeldmarschall von Bettendorf (PP 2), Karl Hugo von Brackei, kurtrischer Generalfeldwachtmeister (PP. 4), Balthasar Neumann, würzburgischer Artilleriehauptmann und Architekt (PP. 15), Franz Xaver Staatler von Adelsheim, Bruder des Joh. N. Staader, Oberleutnant der deutschen Nobelgarde (PP. 18), Josef Steiger, Leutnant im Dandinischen Regi­ment (PP. 18). 9) Dazu Lothar Gross, Die Panisbriefe Kaiser Josefs II. Ein Beitrag zu seiner Reichskirchenpolitik (Gesamtsdeutsche Vergangenheit, Festschrift H. v. Srbik 1938), S. 169—178. 10) Feine, a. a. O., S. 67, Anm. 1.

Next

/
Thumbnails
Contents