Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
NECK, Rudolf: Diplomatische Beziehungen zum Vorderen Orient unter Karl V.
Diplomatische Beziehungen zum Vorderen Orient unter Karl V. 73 Als 1533 der offene Krieg zwischen Sultan und Schah ausbrach 55) und die Lage in Ungarn ruhiger wurde, scheint man am Kaiserhof trotz der erhöhten Gefahr, die das immer enger werdende türkisch-französische Verhältnis für den Mittelmeerraum bedeutete, an keine neuen Versuche, mit Persien Fühlung zu nehmen, gedacht zu haben 56 * 58 *). Ferdinand erkannte wohl die günstige Gelegenheit zu einer Aktion gegen die Pforte, gab aber zu, daß man wegen der Gefahren von französischer Seite her nichts unternehmen könne67). Man beobachtete weiterhin aufmerksam die Vorgänge in Asien5e) und ließ sich von den üblichen prahlerischen Siegesnachrichten, die Süleiman nach Wien sandte, nicht täuschen69). Als aber der Kaiser nach der Einnahme von Tunis und offenbar unter dem Eindruck von neuen Projekten der Kurie, die damals wieder Verbindung mit dem Schah suchte, neuerlich einen großen Türkenkrieg ins Auge faßte, mahnte ihn Königin Maria mit den dringendsten Hinweisen auf die Lage der Niederlande von solchen Vorhaben ab60). Andererseits sah Süleiman sehr wohl die Gefahr, die bei der zeitweisen kritischen Lage in Asien vom Westen her drohte, und wirkte auf Frankreich ein, den Kaiser in Schach zu halten61). Im Herbst 1540, als sich die Krise in Siebenbürgen wieder zuspitzte, wußte der Gesandte Ferdinands in Konstantinopel den Türken von zwei persischen Gesandtschaften zu berichten, die innerhalb des letzten Jahres bei Karl erschienen seien62). Diese Mitteilung, die als Drohung gedacht war, verfehlte ihren Zweck und mußte nach Jahren abgeschwächt bzw. bestritten werden 63). Doch hatte sie immerhin die Türken in der folgenden Zeit unsicher und mißtrauisch gemacht. Ungefähr zur selben Zeit berichtet der französische Gesandte aus Venedig, daß Anfang September 1540 der 66) H a m m e r, 3. Bd. 1828, S. 141 ff. 56) Die Angabe des wenig zuverlässigen Iovius (Historia, 2. Bd. fol. 151), wonach ca. 1535 ein Engländer namens Robert im Auftrag des Kaisers beim Schah weilte, dürfte sich noch auf die Gesandtschaft Balbis beziehen, der einen Briten dieses Namens geworben hatte. Vergi. L a n z, a. a. O., S. 356, Nr. 129. 67) W. Friedensburg, Nuntiaturberichte aus Deutschland 1533—1551, 1. Bd., Gotha 1892, Nr. 104, S. 279 f. 58) Berichte Bucignolos in der Staatenabteilung Venedig, Berichte Fasz. 1. 60) Friedensburg, a. a. 0., S. 403, Anm. 3 und Nr. 174, S. 441 f. M) L a n z, a. a. O., 2. Bd., 1845, Nr. 459, S. 289. Friedensburg, 2. Bd., 1892, S. 71, Anni. 1. Auch im Reich setzte man sich wieder für ein Perserbündnis ein. (Piot, a. a. O., S. 59.) 61) Bericht Pomasinzkys vom Januar 1538 (Türkei I, Karton 4). 62) Gesamtrelation Laskis in Türkei I, Karton 5 bei A. Gévay, Urkunden und Actenstücke zur Geschichte der Verhältnisse zwischen Österreich, Ungarn und der Pforte, 3. Teil (1540—41) Wien 1842, S. 9 f. H a m m e r, 3. Bd., S. 225 f., Schurhammer, S. 45, Nr. 594. 63) Bericht Veltwycks 1547 Februar 20. — März 10. (Türkei I, Kart. 7) bei S c h e f e r, Voyage de monsieur d’Aramon par J. Chesneau (Recueil de voyages 8), Paris 1887, S. 174 f.