Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

PILLICH, Walter: Die Typarsammlung des Deutschordensarchivs

364 Archivberichte Auch die Gesetze der späteren Hochmeister, so die des Hochmeisters Dietrich von Altenburg (1335—1341), lauten im 7. Punkt: „Ouch setze wir, daz die brúdere ir erbeliches ingesigel nicht haben sullen, sunder der inge- sigel des ordens sullen sie gebrüchen. Wir wellen ouch, daz die commentür ader die brúdere, die ingesigel phiegen zu haben von des ordens wegen? ir ingesigel nicht tün den knechten zu tragen“ 6). Auch später noch, beispielsweise bei dem am 4. November 1538 gehal­tenen „Kapitelgespräch“ des Ordens, sind Beschlüsse über die Verwahrung des „Sigillum ad causas“ gefaßt worden. Dieses Amtssiegel des Ordens durften nur ein Landkomtur oder Statthalter und die zwei ältesten „Rats- gebietiger“ in Verwahrung haben. 1672 waren hiezu „nach alter Sitte“ die Landkomture von Elsaß und Franken bestimmt, den dritten Schlüssel hatte der Hoch- und Deutschmeister. Im 18. Jahrhundert gehörten zum Zeremoniell der Inthronisation des Hoch- und Deutschmeisters die feierliche Übergabe des „Sigillum ad causas“ und die Überreichung der Balleisiegel, die symbo­lisch die Machtübernahme aller Ordensprovinzen zum Ausdruck bringen sollten. Noch im 19. Jahrhundert wurden das „Sigillum ad causas“ und das große Regierungssiegel dem Hoch- und Deutschmeister bei seiner Wahl als Zeichen der Investitur feierlich übergeben7). Wann die älteste Typarsammlung des Deutschen Ritterordens entstan­den ist, wissen wir nicht. Es ist jedoch anzunehmen, daß schon im Haupt­archive des Ordens in Mergentheim, wo sich seit 1525 nach der Säkulari­sation Preußens der Hauptsitz des Ordens befand, die außer Verwendung stehenden Typare verwahrt wurden. Namentlich die Typare der Hochmeister sowie deren Secret- und Amtssiegel müssen die erste organisch gewachsene Sammlung ergeben haben, die uns allerdings erst aus dem 17. Jahrhundert geschlossen erhalten ist. Bezeugt wird das Interesse an Siegeln durch die älteste Nachricht von 1716, einer schriftlichen Bitte des Ordensarchivars Kheul, der den Landkomtur der Ballei Hessen, den Kardinal Grafen von Schönborn, um Erlaubnis zur „Abzeichnung“ der Siegel des regierenden Zaren bei dessen Gesandtschaftskanzlei für die dem Ordensarchive ange­gliederte „Raritätenkammer“ bittet8). Die hier erstmals publizierte Siegelstocksammlung des Deutschen Or­dens verdankt ihr Entstehen der in den Jahren 1904—1906 durchgeführten Neueinrichtung des Ordensarchives in Wien, das 1852 errichtet und vom Benediktiner Beda Dudik geordnet worden war. Der verdienstvolle Ordens­archivar und beste Kenner seiner Geschichte, Dr. Vinzenz Schindler, leitete die durch die Munifizenz des letzten Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Eugen ermöglichte Neueinrichtung des Ordensarchives. Das Archiv, dessen Hauptbestand das Archiv der Ballei Österreich bildet und dem gesammelte Bruchstücke einstiger großer Archivbestände der verlorenen ehemaligen Ordensbesitzungen angegliedert wurden, ist nach Betreffen eingerichtet9. 6) Perlbach, 1. c., S. 150. 7) Dudik Beda, Des hohen Deutschen-Ritter-Ordens Münzsammlung in Wien. Wien 1858, S. 248, 231 und 245 ff. 8) Dudik, 1. c., S. 4. 9) Schindler Vinzenz, Der Deutsche Orden und sein Archiv in Österreich in: Korrespondenzblatt d. Gesamtveneins der deutschen Geschichts- u. Altertums­vereine 1928/Nr. 7—9, S. 173 ff.

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