Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HEYDENDORFF, Walther: Die Kriegsakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Österreich 361 bestätigt wurde. Über diese Reorganisationstätigkeit auf kaiserlicher Seite berichten zahlreiche Schriftstücke des geschilderten Aktenbestandes. Im Dezember 1646 legte Erzherzog Leopold Wilhelm sein zweites Ge- neralat nieder, um als Statthalter in die spanischen Niederlande abzugehen, sein Nachfolger Generalleutnant Graf Matthias Gallas verließ im April 1647 infolge Erkrankung die Armee (er starb am 25. April 1647 zu Wien). Der Kaiser übertrug nun das Kommando der Hauptarmee an Feldmarschall Holzapfel. So setzt die Berichterstattung der Akten aus dem Archiv Holz­apfel im April 1647 ein und reicht bis in das Jahr 1648. Dieses ausführliche Aktenmaterial ermöglicht es dem Historiker in fast einzigartiger Weise, in die Tätigkeit eines Armeekommandos im Dreißigjährigen Kriege ge­naueren Einblick zu gewinnen, als es die an den Hofkriegsrat gelangten Schriftstücke gestatten würden. Zunächst erlauben es in der Epoche von April bis Oktober 1647 zahl­reiche Aktenstücke — es sind deren zuweilen 20 und mehr am Tage — die Aufrüstung der in den Erblanden im Quartier liegenden kaiserlichen Ar­mada, die Bekämpfung der hier von den Schweden behaupteten Stützpunkte, vor allem Iglau und Olmütz, und die Vorbereitungen für den kommenden Feldzug bis in den Bereich der mittleren und unteren Führung zu ver­folgen. Daneben gehen die Verhandlungen mit Kurbayern und Kurköln wegen Wiederaufnahme der Waffen. Ein neuerlicher Einbruch der Schwe­den unter Wrangel in Nordböhmen veranlaßt den Aufmarsch der kaiser­lichen Armee in Böhmen, es gelingt aber nicht, die Festung Eger recht­zeitig zu entsetzen. Der Kurfürst von Bayern läßt sich endlich herbei, seine Reichsarmee unter Feldmarschall Gronsfeld nach Böhmen rücken zu lassen, was Wrangel zum Abzug zwingt. Die Bedingungen Kurbayerns sind drük- kend: Räumung Süddeutschlands durch die Kaiserlichen — die Reichs­kontributionen und Quartiere im bayrischen, schwäbischen und fränkischen Kreis sind ihm Vorbehalten — der Kaiser muß die bayrische Armada auf seine Kosten ausrüsten und verpflegen und kann die während des Still­standes zu ihm übergetretenen kurbayrischen Offiziere, vor allem die Reiterführer Johann von Werth und Sporck, nicht bei der Hauptarmee verwenden. Ende Oktober setzt die Verfolgung der Schweden ein; Holzapfel und Gronsfeld rücken durch Sachsen und Thüringen bis an die Weser. In dieser Zeitspanne der Bewegung werden die Akten des Archivs Holzapfel spärlicher, um schließlich von Mitte Dezember bis Mitte Jänner fast nur minder wichtige Angelegenheiten zu behandeln. Tatsächlich ist das Hauptquartier Holzapfels in dieser letzteren wichti­gen Epoche fast ausgeschaltet, wichtig deshalb, weil sich die Schwierig­keiten für die Armee beim Beziehen der Winterquartiere in den ressourcen­armen Landstrichen Thüringens und Hessens in das Unerträgliche steigern und sich die an der unteren Weser retablierenden Schweden und Hessen zu neuen Operationen anschicken. Dieser für die Beurteilung des Feldzuges maßgebliche Ausfall der ober­sten Befehlsstelle ist auf Ereignisse zurückzuführein, die auch in den Kriegs­akten ihren Niederschlag finden. Holzapfels Generalquartiermeister — also nach heutigen Begriffen sein Generalstabschef — Generalfeldwachtmeister Karl Friedrich Reich wird bei der Einnahme von Marburg a. d. Lahn tödlich

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