Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
HEYDENDORFF, Walther: Die Kriegsakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv
360 Archivberichte handlungen mit Frankreich (1644/1645, Faszikel 156) und eine große Anzahl sonstiger wichtiger Korrespondenzen dieser bewegten Jahre auf. Die Meldungen der kaiserlichen Subdelegierten zu den Stillstandspräliminarien zu Ulm (1646/1647) wie der Schriftenwechsel, der aus den Bemühungen erwuchs, den Kurfürsten Maximilian von Bayern und seinen Bruder, den Kurfürsten Ferdinand von Köln, vom Abfall zurückzuhalten und letzteren nach Unterzeichnung des Stillstandes wieder für Kaiser und Reich zu gewinnen, wären bei dieser Aufzählung besonders hervorzuheben. Erhebliche Teile der „Kriegsakten“ sind auch den Anstrengungen gewidmet, die Wehrverfassung des niederrheinisch-westfälischen Kreises den Erfordernissen des Krieges anzupassen. Dieser Nebenkriegsschauplatz besaß nicht nur an und für sich erhebliche Wichtigkeit, sondern er war auch wegen seiner Ressourcen und als Bindeglied zu den spanischen Niederlanden von erheblicher Bedeutung. Hinsichtlich des Reichshof rates sei auf den Freiherrn Johann Bertram von S i n t z i g, Herrn zu Sommersperg, hingewiesen, dessen Tätigkeit in Köln im Jahre 1647 auf scheint10). In militärischer Hinsicht findet sich in den „Kriegsakten“ reichhaltiges Material aus der Epoche schwankenden Kriegsglückes der Jahre 1643—1648. Gerade jene Elemente der Kriegführung, die so häufig bei der Beurteilung von Operationen und von Feldherrn vernachlässigt werden, die materiellen Komponenten, können hier verfolgt und in ihrer zeitweise überragenden Einwirkung auf den Ausgang der Feldzüge eingeschätzt werden. Die drückende Geldnot, der Mangel an Streitern und Pferden, die schwierige Beschaffung von Munition und Ausrüstung, vor allem aber die häufige Not an Verpflegung und die Schwierigkeit der Unterbringung der Kriegsvölker im Winter können hier Schritt für Schritt beobachtet werden. Diese Schwierigkeiten häufen sich außerhalb der kaiserlichen Erblande infolge der Anrufung der Reichskonstitution durch die betroffenen Stände und durch die gebotene Rücksichtnahme auf reichstreue und schwankende Fürsten. Es wird immer mehr zu einem fast unlösbaren Problem, kaiserliche Völker außerhalb der Erblande zu verpflegen und im Winter unter Dach zu bringen. Auf diese Art werden die mit den größten Anstrengungen auf die Beine gebrachten und ausgerüsteten kaiserlichen Heere immer wieder materiellen Entbehrungen unterworfen, die ihre Kampffähigkeit herabsetzen oder gar zunichte machen. Unter diesen Umständen sind alle Bemühungen des Kaisers und seiner Generale, Manneszucht aufrechtzuerhalten und Schonung der Bevölkerung durchzusetzen, zum Scheitern verurteilt. Dreimal gelang es Kaiser Ferdinand III. seit dem Jahre 1642 nach gefährlichen Rückschlägen, mit Hilfe der Erblande den Gegnern mit frischen Heeren die Spitze zu bieten: nach der Niederlage von Breitenfeld (2. November 1642), nach dem Schlage von Jankau (6. März 1645), als Torstenson bis zur Donau vordrang 11) und nach dem Abfall des bayrischen Kurfürsten, der durch die Unterzeichnung des Stillstandes von Ulm am 14. März 1647 10) Siehe Gschliesser, a. a. O., S. 251; er wird dort und im Index als Johann Bertram Freiherr von Gört zen, Herr zu Sinzing (Sintzigh) angegeben. 11) Die Rückeroberung von Krems durch Feldzeugmeister Puchheimb behandelt F. 159.