Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv und Archivalienausstellungen
354 Archivberichte weisen mußte67), das gleiche noch heute gilt. Nur muß man nun auch schon die romanischen Länder 68) und die Vereinigten Staaten anführan, die in der Anwendung moderner Ausstellungstechnik auch bei Archivalienausstellungen führend sind69). Da nun das Haus-, Hof- und Staatsarchiv aus Personalmangel nicht in der Lage ist, eine derart rege Ausstellungstätigkeit wie z. B. Archive mit eigenen Sachbearbeitern nur für dieses Gebiet zu entfalten70), wäre es unter den gegebenen Verhältnissen vielleicht ein gangbarer Weg, eine Dauerausstellung mit Wechselkollektionen zu verbinden, wie dies seinerzeit schon Gustav Winter vorgeschwebt ist71). Man könnte also z. B. ungefähr die Hälfte der Ausstellungsvitrinen, die mit ihrem Fassungsraum für ca. 400 Dokumente an das Aufnahmevermögen der Besucher ohnedies viel zu große Anforderungen stellen, mit den sehenswertesten und kostbarsten Stücken (Karolingerurkunden, Goldene Bulle, Luthers Thesen, Westfälischer Friede, Staatsverträge u. a.) füllen, die, dauernd ausgestellt, besonders für Schüler und Ausländer immer wieder von Interesse sein werden. In den andern Vitrinen aber mit ungefähr 150—200 Dokumenten 1—3 Mal jährlich ein Spezialthema zu gestalten, bedeutete keinen so großen Arbeitsaufwand und würde, bei entsprechendem Kontakt mit Tagespresse und Rundfunk, wie ihn z. B. die Wiener Museen ständig pflegen, immer wieder neue Besucher in das Archiv bringen und diesem neue Freunde gewinnen 72). Es ist dies natürlich nur eine Notlösung, aber für besondere Gedenktage und Gelegenheiten könnte man ja immer eine große Ausstellung im ganzen verfügbaren Raum einrichten. Die Themenwahl für diese Wechselausstellungen wäre nicht schwierig, denn aus dem Material des Hauses könnten nicht nur die seinerzeit von Lippert für Sachsen gegebenen Anregungen (z. B. Die Klöster im Mittel- alter, Zeit des Barock, Bürgerliches Wirtschaftsleben vom Ausgang des Mittelalters bis zum 18. Jahrhundert, Siegelausstellung, Kleinplastik) 73), ohneweiters auch für Österreich verwirklicht werden, sondern auch noch viele andere wie z. B. für bestimmte Epochen aus der Geschichte Öster67) M ü s e b e c k, a. a. O. — Vgl. auch z. B. J. de F o n t - R e a u 1 x, Legons d’exposition, La Gazette des Archives 7, 1950, S. 22—23. — Regine Pernond, Les Archives et les expositions. Ebd. 10, 1951, S. 19—25, — Les Expositions. Ebd. 12, 1952, S. 41—42. 6S) So hat z. B. das Archiv von Siena allein im Jahr 1950 7 Ausstellungen zusammengestellt (Notizie degli Archivi di Stato X/3, 1950, S. 145—147). — Anläßlich des Kongresses der spanischen Archivare, Bibliothekare und Archäologen im März 1949 in Madrid wurden 10 Ausstellungen, darunter drei reine Archivausstellungen, veranstaltet (Revista de archivos, bibliotecas y museos 56, 1950, S. 166 ff.). — Die Bibliothek des Klosters Montserrat, also ein Privatinstitut, veranstaltete im Herbst 1946 drei Ausstellungen, im Dezember des gleichen Jahres eine Ausstellung von Dokumenten zur spanischen Klostergeschichte (ebendort 54, 1948, S. 137). 69) Vgl. z. B. Lucile M. K a n e, The exhibition of manuscripts at the Minnesota Historical Society. The American Archivist XV/1, 1952, S. 39—45. 70) Siehe Anm. 66. 71) Katalog der Archivalien-Ausstellung 1905, a. a. O., S. IV. 72) Vgl. auch den Bericht über die III. Konferenz der österreichischen Archivleiter (Punkt 9 der Tagesordnung), S. 315. 73) L i p p e r t, a. a. O., S. 119f.