Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
WEINZIERL-FISCHER, Erika: Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv und Archivalienausstellungen
Österreich 353 z. B. Lippert in Dresden veranstaltet hat90), die manchmal nur wenige Tage zugänglich waren und trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, einen Rekordbesuch aufzuweisen hatten 01), waren hier nicht möglich. Für die hiesigen Verhältnisse konnte daher auch nicht die Erfahrung gemacht werden, daß die Zeit der großen Archivausstellungen vorüber sei. Im Gegenteil, die Zahl der Ausstellungsbesucher 82) zeigt eher eine starke Zunahme des Interesses der Öffentlichkeit für derartige Veranstaltungen und dieses Interesse wachzuhalten, die Allgemeinheit und vor allem die Jugend mit den Schätzen der Archive und damit mit der Geschichte ihrer Heimat vertraut zu machen, scheint mir eine der vornehmsten Aufgaben des Archivars zu sein. Es kann allerdings nicht geleugnet werden, daß bei der Durchführung dieses Programmes große Schwierigkeiten personeller, finanzieller und räumlicher Art auftreten, die schon Lippert erkannt hat und besonders Schieckel °3) hervorhebt, der sich daher für kleinere Archivalienzusammenstellungen und Beteiligung an fremden Ausstellungen einsetzt. Für das Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das ja einen eigenen, für heutige Begriffe allerdings nicht gerade idealen M) Ausstellungsraum besitzt, ist das Personal- bzw. Arbeitsproblem am schwersten zu lösen. Denn wenn man auf Grund der schon von Lippert gemachten Erfahrungen °5) auf Dauerausstellungen verzichtet und versuchen will, mindestens einmal jährlich eine neue Ausstellung einzurichten, so bedeutet das, daß sich unter Mithilfe des gesamten, ohnedies stark beanspruchten Personals wenigstens eine Arbeitskraft für die Dauer von 2—-3 Monaten nur dieser Aufgabe widmen muß. Vor diesem Problem stehen aber alle Archive, die Ausstellungen veranstalten, und die Zahl der von manchen ausländischen Archiven zusammengestellten Ausstellungen beweist, daß es auch zu lösen ist60 61 * 63 * 65 66). Hierzu ist allerdings auch zu sagen, daß, wenn vor fast 30 Jahren Müsebeck auf das Vorbild, das in dieser Beziehung der Westen (Paris und London) gab, ver60) Luther-Ausstellung 1921, Entwicklung der sächsischen Kartographie 1921, Urkunden- und Siegelausstellung 1922, Dreißigjähriger Krieg 1926 u. a. 61) Die Lutherausstellung 1921 war nur drei Tage geöffnet und wurde in dieser Zeit von Tausenden Besuchern besichtigt. L i p p e r t, a. a. O., S. 116. °2) Siehe S. 346 ff. 63) S c h i e c k e 1, a. a. O., S. 23. 61) Vor allem die engen Gänge und das starre Vitrinensystem erschweren die Übersicht. Ein heller, gut beleuchtbarer Saal mit großen freien Wandflächen und Pultvitrinen würde den heutigen Anforderungen besser entsprechen. — Es muß hierzu jedoch gesagt werden, daß im ursprünglichen Bauplan ein Ausstellungsraum gar nicht vorgesehen war und erst nachträglich über Goluchowskis besonderen Wunsch notdürftig eingerichtet wurde, indem man einen Teil des 6. Lagergeschosses abtrennte und dessen Aktenregale in Ausstellungsvitrinen umwandelte (gütige Mitteilung von Hof rat Josef Karl Mayr). 65) „Die Erfahrung lehrt, daß ständige Ausstellungen mit festem Bestand nicht so besucht werden, wie man erwartet und wie sie es z. T. auch verdienen.“ Lippert, a. a. O., S. 113. 66) So kann man bei entsprechend großem Personalstand eigene Ausstellungsreferenten bestellen oder aber durch Zusammenstellung kleinerer Wechselkollektionen den Arbeitsaufwand vermindern. Mitteilungen, Band 5 23