Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

AUER, Erwin M.: Kulturgeschichtliche Ordensforschung

Kulturgeschichtliche Ordensforschung 309 Goldarbeiter der früheren Jahrhunderte als Schöpfer eines Gnadenpfennigs gesucht wird. Manchmal helfen hier geheime Zahlamtsbücher, manchmal Verzeichnisse der Hofhandwerker weiter. Was ferner die Material- frage betrifft, so schweigen sich die Statuten in der überwiegenden Mehr­zahl bezüglich des Edelmetallgehaltes der Kleinode einzelner Klassen aus. Der Stifter bezahlte die Erststücke zumeist aus seiner Privatschatulle und gebot durch Erklärung dieser Kleinode zum Ordensschatz deren Rückgabe nach dem Tod ihrer Besitzer. Daher war es auch nicht notwendig, in der Gründungsurkunde oder in den Statuten den Edelmetallgehalt der Kleinode festzulegen, da die Stiftungsstücke theoretisch für die Ewigkeit bestimmt waren. Erst bei Ersatzleistung im Verlustfall bieten Ordensakten nähere Auskünfte zur Materialfrage. Begreiflicherweise nicht öffentlich bekannt­gemachte Änderungen im Material der offiziellen Ordenskreuze werden vor allem während eines Krieges durch Sparmaßnahmen verursacht20). Aber auch von privater Seite können mit Rücksicht auf die Rückgabepflicht Materialänderungen veranlaßt werden. Manche Ausgezeichnete wollten die verliehenen Orden im Familienbesitz erhalten und ließen auf eigene Kosten Kleinode anfertigen. Auch ein Offizierskorps konnte seinem Regiments­kommandanten anläßlich eines persönlichen Jubiläums ein Zweitstück seines der Rückstellung unterliegenden Ordens als Gedenkzeichen überreichen21). Die ausführenden Juweliere verwendeten für solche Zweitstücke oft ein Edelmetall mit höherem Feingehalt als ihn die Original-Kleinode auf­weisen, um den Preis und damit die Verdienstspanne erhöhen zu können. Wenn nun ein solches Zweitstück nach dem Tod seines Besitzers irrtümlich an die Ordenskanzlei zurückgestellt und von dort offiziell an einen neuen Träger weiterverliehen wurde, so hatte dies zur Folge, daß offizielle Klein­ode verschiedenen Edelmetallgehaltes nebeneinander im Umlauf waren. Um das kulturgeschichtlich aufschlußreiche Gebiet der Sonderformen der Ordenszeichen zu streifen, sei lediglich auf die Kinderkollane22) und die Kinderomate23) des Ordens vom goldenen Vließ verwiesen. Da Gründungsfeiern und Ordensfesten häufig eine staatspolitische und propagandistische Bedeutung zukam, erscheint es notwendig, auch das Zeremoniell nicht nur der Verleihungsakte, sondern vor allem der Feste zu erforschen. Hiebei können neben den Ordensarchiven besonders die Aktenbestände der Zeremoniendepartements einzelner Höfe bedeutsame 20) Im Wiener Privatbesitz befinden sich während der Jahre 1917 und 1918 offiziell verliehene Leopolds-Orden und Verdienstkreuze, ferner eine Kollane des St. Stephans-Ordens, die alle aus Rot-Tombak hergestellt sind und an Stelle der Edelmetallpunze ein Sternchen neben der Firmenmarke tragen. — Beim Leopolds- Orden scheinen in den letzten Kriegsjahren auch schmälere Halsbänder als in Friedenszeiten ausgegeben worden zu sein. 21) Ein solches Zweitstück befindet sich in der oben genannten Fiedlerschen Ordenssammlung. 22) Die Kinder- oder Kronprinzenkollane gehört dem Ordensschatz an und trägt in den Verzeichnissen des Toison-Ordens die Nr. 1. An drei Stellen dieser Kollane sind Haken angelötet, die die Kette an dem Kinderornat festhalten sollten. Mit der Kinderkollane wird häufig der stets als Privatbesitz betrachtete kleine brillantene Toison-Orden, das Lamm von Gold, verwechselt, der neuge­borenen Erzherzogen von Österreich in die Wiege gelegt worden sein soll. 23) Vgl. Auer, Ordensgarderobe, a. a. O., S. 5f.

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