Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

AUER, Erwin M.: Kulturgeschichtliche Ordensforschung

Kulturgeschichtliche Ordensforschung 303 Neubecker mit Recht angeprangert wurde2), möge folgende Nachkriegs­erscheinung schlaglichtartig erläutern. In Wiener Archiven und Museen häuften sich nach 1946 die Anfragen nach Abbildungen und Beschreibun­gen österreichischer Orden und ihrer Ornate sowie nach den einschlägigen Ordensstatuten. Das Monturdepot des Kunsthistorischen Museums, das die Ornate der österreichischen Hausorden betreut, hatte in den Jahren 1947 und 1948 vier Benützer zu verzeichnen, welche die Frage nach dem Zweck ihrer Suche dahingehend beantwortetem, daß sie eine bebilderte Geschichte der österreichischen Orden zusammenstellen wollten. Die Bemerkung, daß noch umfangreiche Forschungsarbeit für jeden einzelnen der Orden zu leisten wäre, bevor eine Geschichte aller österreichischen Orden und Ehren­zeichen geschrieben werden könne, die über Heyer von Rosenfeld und Michetschläger3) hinausführt, wurde leichthin mit den Worten abgetan, daß man ja keine wissenschaftliche Arbeit plane, sondern lediglich einen Sammlerbehelf in der Art der Briefmarkenkataloge herausbringen wolle. Die Soldaten der Besatzungsmächte sammelten nämlich nicht mehr aus­schließlich Auszeichnungen des letzten Weltkrieges, sondern auch andere Orden. Diese Sammler verlangten keine wissenschaftlichen, sondern kata­logartige Werke. Die Statuten aber sollten den Katalog umfangreicher und daher preiswerter gestalten; im übrigen täte Eile not, damit der Druck des Katalogs noch vor Abzug der Besatzungstruppen fertiggestellt sei. — Glücklicherweise hat der Zusammenbruch der ersten nachkriegsbedingten Scheinblüte in der Buchproduktion das Erscheinen solcher das Ansehen der Ordenskunde keineswegs fördernden katalogartigen Ordensgeschichten verhindert. Es wäre noch verfrüht, wollte man schon jetzt die Methodik und Syste­matik der Ordenskunde als historischer Hilfswissenschaft zusammenfassend darstellen. Zu viele grundsätzliche Fragen über die gemeinsame Arbeit auf breitester, also kulturgeschichtlicher Basis sind noch einvernehmlich von der Geschichtswissenschaft und der Ordenskunde zu klären. Die Erörterung dieser Fragen an Hand einiger Beispiele anzuregen und im Flusse zu er­halten, nicht aber sie vollständig oder abschließend zu behandeln, soll Ziel dieser Miszelle sein. I. Das Fehlen einer modernen Spezial bibliographie für das Gebiet der Ordenskunde erschwert die wissenschaftliche Forschung außerordent­lich. Die oft versuchte Rückfrage bei der größten wissenschaftlichen Biblio­thek des betreffenden Landes konnte keine vollständige Literaturliste für einen bestimmten Orden garantieren, da die Sachkarteien der Bibliotheken zumeist nur selbständig erschienene Werke, nicht aber einschlägige Zeit­schriftenaufsätze erfassen. Da über viele Orden bisher nur in Zeitschriften­aufsätzen gehandelt wurde, müssen Bibliotheksrückfragen lückenhafte Ergebnisse bringen. Das Durcharbeiten der Zeitschriften hinsichtlich or­2) 0. Neubecker, Zur Einführung, in: Archiv für Ordenskunde, Jg. 1, Berlin 1951, S. 1. 3) F. Heyer von Rosenfeld, Die Orden und Ehrenzeichen der k. k. österr.-ung. Monarchie. Wien, 2. Aufl. 1899. — H. F. Michetschläger, Das Ordensbuch der gewesenen österr.-ung. Monarchie. Wien 1918/1919.

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