Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 195 leichterungen des serbisch-österreichischen Grenzverkehrs genau die Artikel aufgezählt wissen, auf die sich die Erleichterung beziehen sollte24). Auf letzteres konnte Ristic jedoch schon aus dem Grunde nicht eingehen, weil er selbst noch nicht wußte, was der Vertrag mit Österreich in dieser Be­ziehung bestimmen werde. Diesem Vorbehalte trug nun der definitive Vertrag mit Großbritannien Rechnung 25); von der Meistbegünstigung waren ausgenommen „les facilités quiont été ou qui pourront étre concedées plus tárd par la Serbie aux Etats voisins, par rapport au trafic local entre leurs districts frontiéres limi- trophes“ 20). Im übrigen bestimmte der Vertrag für die Waren, an deren Ausfuhr Großbritannien interessiert war — also Eisenwaren, Maschinen, Gewebe, Garne und mineralische öle — die Höhe des serbischen Einfuhr­zolles mit 8% ad valorem, für das Übrige mit 10%, was Großbritannien ruhig zugestehen konnte, da diese Zölle ohnehin nur provisorischen Cha­rakter hatten, denn jeder später von Österreich errungene Erfolg mußte eo ipso auch Großbritannien zugute kommen. Für Serbien aber brachte dieser Vertrag den doppelten Vorteil, daß es nunmehr durch einen dauernden und nicht mehr bloß provisorischen Ver­trag seine Auffassung der conditions actuelles, die auf der Basis von 1864 beruhte, erhärtet hatte, und gleichzeitig von einer Großmacht Zölle erhielt, die mit 8% eine Begünstigung und mit 10% die normale Behandlung bedeuten sollten, obwohl Großbritannien nach dem Ponsonby- Vertrag von 1838 5%ige Wertzölle hätte beanspruchen können27). Für die Verhandlungen mit Österreich hatte Serbien damit endlich eine feste Basis gewonnen. Die englischen Zölle erschienen trotz ihrer 10% im Verhältnis zu denen des serbischen autonomen Tarifs noch immer so günstig, daß sie der öster­reichische Handelsminister Chlumecky auf Grund der Meistbegünstigung von 1862 und des handelspolitischen Status quo des Berliner Kongresses sofort auch für die Monarchie in Anspruch nahm (11. V. 1880) 28), und durch die Note des Belgrader Vertreters auch der serbischen Regierung diesen Schritt amtlich ankündigte (16. VI. 1880) 29). Seine Eile beruhte darauf, daß man endlich die Richtlinien für die Verhandlungen mit Serbien ausgearbeitet hatte. Gebot in den Jahren 1878/79 noch das ungeklärte Handelsverhältnis zu Deutschland den Aufschub der Verhandlungen mit Serbien, so hatte das zweijährige Verhandeln die österreichischen Wirt­schaftsmänner belehrt, daß man in absehbarer Zeit über provisorische Verträge mit Deutschland nicht hinauskommen könnte30), daß also ein weiteres Hinausschieben des serbischen Vertrages nicht mehr gut möglich sei, auch deshalb nicht, weil selbst Fürst Milan zu baldigen Verhandlungen drängte 81). Österreich war also im Juni 1880 erst soweit, als es dem Wortlaute der Berliner Konvention zufolge spätestens am 13. XI. 1878 hätte sein sollen! ... 13*

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