Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 173 eventuelles Eingehen auf solche Pläne in gefährlicher Weise kompromittiert werden könnte“ 183). Khevenhüller konnte kein Anzeichen finden, das den Schluß erlaubt hätte, Fürst Alexander stünde diesem Plane nahe; der Fürst selbst bestritt ebenfalls entschieden diese Gerüchte „an denen, ipsissima verba, nicht einmal das Embryo wahr sei“ 184), und aus Belgrad traf beiläufig zu gleicher Zeit die Nachricht ein, wonach die Verhandlungen zwischen Serbien und Bulgarien nur den unüberbrückbaren Gegensatz in den Anschauungen beider Mächte aufgedeckt hätten. „Zwischen den beiden Regierungen ist nur insoferne ein Einverständnis erzielt worden, als beide sich bereit finden werden, beim Eintreten gewisser Gefahren sich zu bloßen Defensivzwecken miteinander zu verbinden“ 185). Und Fürst Milan er­läuterte bei einer späteren Gelegenheit die serbische Haltung gegenüber Bulgarien: „Wir sind zu besorgt um unsere Selbständigkeit, um etwas zu unternehmen, was sie bloßstellen könnte.“ Mit dem seiner Ansicht nach russisch regierten Bulgarien wollte er keine engeren Vereinbarungen ... „Gleichso wie wir nicht wünschen, die Provinz irgendeines Staates zu werden, kann es uns auch nicht gefallen, uns mit anderen Staaten oder Ländern zu vereinigen, und die angebliche Allianz (der Balkanvölker) ent­spricht keineswegs unseren Interessen“ 186). Die unfertigen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel bargen jedoch auch sonst noch eine Anzahl ungelöster Fragen in sich, die zu schweren Ver­wicklungen führen konnten. So war z. B. die Türkei seit der Okkupation Bosniens und der Konvention über den Sanctak von Növi Pazar (21. IV. 1879) gegen Österreich in einem solchen Grade verstimmt, daß Haymerle die Frage aufwarf, ob nicht auch dieser Staat mit dem Plane eines Balkan­bundes zu verbinden sei, was aber Zichy aus Konstantinopel entschieden verneinte187). Außerdem bereiteten aber auch die griechische und monte­negrinische Grenzfrage 1879/80 den Großmächten die größten Schwierig­keiten. Trotzdem war Haymerles politisches Programm — wie er bei seinem Amtsantritte dem Kaiser entwickelte — „ein durchaus friedliches und zwar nicht bloß auf die Erhaltung des Friedens, sondern auf Verbreitung der friedlichen Stimmung gerichtet“ 188). Demgemäß bekämpfte er die revo­lutionären Pläne, die den Berichten zufolge am eifrigsten in Serbien ge­schmiedet wurden, mit durchwegs friedlichen Mitteln, indem er gegen dessen Bündnisstreben in den Nachbarländern arbeiten ließ189). In der europäischen Politik aber suchte er die Eintracht der Großen aufrecht­zuerhalten. Dazu schien ihm das Festhalten am Berliner Vertrage der beste Weg zu sein. Sein Vertreter in der Konferenz zur Beilegung der griechi­schen Grenzfrage, Graf Széchenyi, hatte deshalb den Auftrag, hauptsäch­lich nur vermittelnd einzuwirken190). Denn jede neue Entscheidung in den orientalischen Kommissionen, die nicht einverständlich von allen Mächten getroffen worden wäre, hätte notwendig auf die Bestimmungen des Ber­liner Vertrages zurückwirken müssen; eben an seiner absoluten Gültigkeit

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