Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881
Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 167 scheinung trat, tauchte auch sofort das noch nicht zur Ruhe gekommene bosnische Problem wieder auf 137), und der griechische Generalkonsul in Belgrad, Doskos, behauptete, nicht nur Persiani arbeite in diesem Sinne, sondern auch ein russischer Spezialgesandter, Kuzniewicz, sei mit diesem Auftrag nach Serbien gekommen 138). Schien im Anfang, daß nur die drei Balkanfürstentümer für die russischen Allianzprojekte in Betracht kämen, so mehrten sich alsbald die Zeichen, daß der Bund noch wachsen könnte. Gegen Ende des Jahres 1879 liefen in Wien Nachrichten ein, die ähnliches berichteten. Hatte schon Doskos behauptet, daß es beabsichtigt sei, auch Griechenland mit der Zeit in diesen Staatenbund hineinzuziehen139), so fand diese Vermutung ihre Bekräftigung von serbischer halboffizieller Seite. Der „Istok“ brachte im Oktober einen Artikel, in dem er die Allianz der Balkanstaaten als unmittelbar bevorstehend hinstellte und nun auch Rumänien in diesen Kreis hineinzog. Die bereits für das Frühjahr bestimmten Fürstenbesuche seien nur ein weiterer Beweis für den Ernst des Unternehmens. Der Eindruck war umso größer, als „Istok“ betonte, dies alles geschehe mit russischem Einvernehmen, dessen man sich erst vor kurzem in Livadia versichert hätte140). Bei den bekannten Beziehungen des „Istok“ zu Ristic 141) mußte dieser Artikel auch in Österreich mit besonderer Aufmerksamkeit aufgenommen werden. Ristic stellte zwar auch diesmal jede Verbindung zu diesem Blatt prompt in Abrede, ebenso wie er die Gerüchte über einen Balkanbund als Unterschiebung von seiten derKaradordevici bezeichnete142), und „die Zumuthung von sich wies, daß er die Stellung Bulgariens als Vasallenfürstentum so weit verkennen könnte, um mit demselben über eine Convention zu verhandeln, zu deren Abschlüsse er nicht berechtigt wäre ... Er betheuerte, daß der serbischen Regierung nichts ferner liege, als der Gedanke, gegen die Bestimmungen des Berliner Vertrages zu verstoßen, und daß sie selbst nichts sehnlicher wünsche, als den Frieden zu erhalten und politische Complicationen vermieden zu sehen, um alle Kräfte des Landes der inneren Entwicklung desselben zuwenden zu können“ 143). Er sparte auch nicht mit Versicherungen, daß „die serbische Regierung sich mit der Tatsache unserer Occupation vollkommen abgefunden habe“144); aber österreichischerseits ließ man sich dadurch von der Verfolgung der Symptome nicht ablenken, umsoweniger als es sich herausstellte, daß die Autorschaft des fraglichen Artikels im „Istok“ dem serbischen Außenminister selbst zuzuschreiben sei, oder mindestens seiner direkten Inspiration145). Dazu mußte Österreich noch die Erfahrung machen, daß sich neben Rußland nun auch Italien als Beschützer der Serben aufspielte. Schon bei der Frage der serbischen Königswürde, die im Herbst 1878 aufgetaucht war146), ging, wie es schien, Italien seine eigenen Wege. Österreich hatte in der Königsfrage einen durchaus ablehnenden Standpunkt eingenommen und auch auf die gleiche Stellungnahme der übrigen Mächte gehofft. In der Tat hatte Italien in Wien seine Bereitwilligkeit erklärt, im