Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 139 rais ni l’indépendance de la Serbie, ni l’extension de ses frontiéres dans les limites équitables, comme incompatibles avec les intéréts de l’Autriche- Hongrie et je prie Votre Altesse d’etre persuadée que je tiendrai compte de Ses intéréts au sein des deliberations qui se poursuivent actuellement a Berlin“ ls). In diesem Sinne sprach Andrássy mit Ristic, allerdings schloß er aus der Debatte sofort Növi Pazar aus. Als Ristic in diesem Punkte nachgab in der Hoffnung, Entschädigung dafür an anderen Grenzen zu erhalten, antwortete Andrássy: „Mit oder ohne Kompensation, sie können dieses Gebiet nicht haben; unsere Unterstützung der territorialen Vergrößerung Serbiens hat nichts gemeinsames mit Növi Pazar — das ist eine Frage für sich.“ Sonst fand aber Ristic im allgemeinen in Wien williges Gehör, auch für solche Gebiete, die Rußland den Bulgaren zugesprochen hatte. Er gewann sogar den Eindruck, daß es Andrássy nicht unlieb wäre, wenn sich Serbien im Osten selbst bis Sofia ausbreiten würde, natürlich unter gleich­zeitiger Wahrung der österreichischen Wirtschafts- und Verkehrsinter­essen. Andrássy entwarf in Kürze den schon von Wrede entwickelten Plan eines Handels- und Eisenbahnvertrages, wobei sich Serbien verpflich­ten sollte, innerhalb von drei Jahren das Eisenbahnnetz mit Anschluß an die Linie von Saloniki und Konstantinopel auszubauen. Hinsichtlich des Handelsvertrages verwahrte sich Ristic gegen die Möglichkeit eines Zoll­vereines als einer neuen und undurchdachten Angelegenheit und An­drássy zeigte sich sehr nachgiebig in diesem Punkte, indem er sofort be­teuerte, daß er den Zollverein nicht aufdrängen wolle, da erzwungene Verträge sich regelmäßig als schädlich erwiesen. Im übrigen wies er Ristic an, sich mit seinem Sektionschef, Baron Schwegel, ins Einvernehmen zu setzen, da es sich hauptsächlich um wirtschaftliche Besprechungen handle18). Die Verhandlungen in Wien, und nach einiger Zeit in Berlin fortgesetzt, zeitigten dabei ein neues Moment: Österreich wünschte nämlich die Ab­machungen mit Serbien schon vor Abschluß der Kongreßverhandlungen sicherzustellen, sich also sozusagen den Preis für seine guten Dienste am Kongresse im Vorhinein bezahlen zu lassen. Das zu erfahren, war für Ristic unangenehm, da er selbst den Abschluß bis zum Schlüsse des Kon­gresses hinausschieben wollte; einmal im Besitze der Gebietserwerbungen, für die er Andrássy im Grunde mündlich alles versprechen wollte, dachte er bei der Detaillierung der einzelnen Klauseln dann vieles abhandeln zu können, was ihm aber durch Andrássy’s Beharren auf vorherigen Abschluß unmöglich gemacht wurde17). Ein Eingehen auf diese Forderung fiel ihm schwer, obwohl er von der Notwendigkeit wirtschaftlicher Vereinbarungen mit Österreich durch­drungen war, und ihm der Fürst auf seine ersten Berichte wiederholte, daß es seiner Ansicht nach zweckmäßig sei, für den Preis der Grenzvergröße­rung und Einverleibung von Pirot den Betrieb der Bahnen der Compagnie Hirsch zu überlassen, wie Österreich wünschte18). Ristié sah nämlich in

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