Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)
SANTIFALLER, Leo: Die älteste Originalurkunde des Österreichischen Staatsarchivs
48 Leo Santifaller Die Immunität bildet in der Folge einen wichtigen Faktor bei der Entstehung der Landeshoheit. Aus der geistlichen Immunität konnte, vielfach in Verbindung mit den seit den Ottonen an die Kirchen verliehenen Grafschaften x), falls dem geistlichen Immunitätsherrn die Befreiung von der Gewalt des Vogtes gelang, unmittelbar eine geistliche Landesherrschaft oder zumindest ein bedeutsamer Teil derselben erwachsen. Anderseits aber konnte, falls die Beseitigung des Vogtes nicht möglich war, aus der Vogtei über einen geistlichen Immunitätsbezirk eben durch den Vogt eine weltliche Landesherrschaft begründet werden. Der Königsschutz * 2) war bis 814 ein spezieller, der dem König über die in seinem Eigentum befindlichen Klöster und Stifte zustand. Seit Ludwig d. Fr. aber ist der Begriff des Königsschutzes weiter geworden. Er erscheint nun auf alle Kirchen ausgedehnt, die das Vorrecht der Immunität besitzen. Diese feste Verbindung von Schutz und Immunität hat sich seither eingebürgert und behauptet, doch in der Weise, daß die Immunität dabei das Übergewicht erhielt und der Schutz in der Immunitätsverfassung eingegliedert wurde. Schon Karl d. Gr. hat mit Diplom von 790 Dezember, jedenfalls im Zusammenhang mit der 788 erfolgten Eroberung Bayerns und der in diesem Jahre aufgezeichneten Notitia Arnonis, der Kirche von Salzburg sämtliche Besitzungen bestätigt, ohne daß freilich die einzelnen Besitzungen namentlich aufgezählt worden wären3). Die Besitzbestätigung ist in unserer Salzburger Urkunde Ludwigs d. Fr. vor allem in den Worten enthalten: ut videlicet ea quae eidem ecclesiae retroactis temporibus conlata fuerunt et quae modo a fidelibus iuste conferuntur, vel quae deinceps legaliter conlata fuerint, per hanc firmitatem nostrum absque alicuius contrarietate possideat (Z. 6). Wie wir aus unserer Urkunde erfahren, hat ebenfalls bereits Karl d. Gr. der Kirche von Salzburg Immunität mit Königsschutz verliehen; es heißt darüber: ...detulit nobis auctoritates inmunitatum domni et genitoris nostri Karoli, bonae memoriae piissimi augusti, x) Vgl. Kloss, Rudolf: Das Grafschaftsgerüst des Deutschen Reiches im Zeitalter der Herrscher aus sächsischem Hause. Mit einem Anhang: Zur Frage der Grafschaftsverleihungen an die Kirche. Dissert. Breslau 1940. 2) Vgl. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 62—73; Seeliger, S. 97; Stengel, S. 570ff. 3) Mon. Germ. Hist.: Dipl. Karol. Hrsg, von Mühlbacher. Bd. 1, 1906, S. 226, n. 168; Salzburger Urkundenbuch, Bd. 2, 1916, S. 1, n. 1; vgl. Stengel, S. 558 f.