Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)
SANTIFALLER, Leo: Die älteste Originalurkunde des Österreichischen Staatsarchivs
28 Leo Santifaller 5. Der Erhaltungszustand. Unser Diplom ist, wie schon die Abbildung zeigt, in einem sehr schlechten Erhaltungszustand 1). In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, als die Kopie für das Salzburger Kammerbuch hergestellt wurde, muß das Original in der Hauptsache noch unverletzt Vorgelegen haben. Seither ist es, wie es scheint, hauptsächlich durch Feuchtigkeit und vielleicht durch Mäusefraß sehr erheblich zerstört worden. Die alte Form der Aufbewahrung, mehrfache Faltung parallel der Schmalseite und einmalige Faltung parallel der Langseite, ist noch deutlich zu erkennen. An Dorsualvermerken2) ist lediglich folgende sehr alte Notiz in Kapitalbuchstaben festzustellen: HLUDOUUICI IMP(E)R(ATOR)IS DE EPISCOPATU. III. Die inneren Merkmale. 1. Die einzelnen Teile der Urkunde. Wie in der Regel jede Urkunde, so besteht auch unser Diplom aus drei Hauptteilen: Protokoll oder Eingangsprotokoll, Kontext und Schlußprotokoll oder Eschatokoll 3). Das Protokoll enthält die Invokation oder Anrufung Gottes und die Intitulatio mit Namen und Titel des Ausstellers, verbunden mit der Devotions- oder Demutsformel. Der Kontext beginnt mit der Einleitungsformel oder Arenga, in der die folgende Rechtshandlung aus allgemeinen Motiven begründet wird; sie setzt ein mit Cum petitionibus (Z. 1) und endet mit non diffidimus (Z. 2). Es schließt an die Publikatio oder Promulgatio, in welcher die nachfolgende Angelegenheit dem Kreise aller Interessenten kundgemacht wird; Noverit interea bis et futurorum (Z. 2). Dann folgt die Narratio, die Erzählung der Umstände, welche die Rechtshandlung und Beurkundung veranlaßten: quia vir venerabilis (Z. 2) bis eius consisteret (Z. 4), verbunden mit der Petitio des Empfängers: Sed pro rei firmitate postulavit bis fieri censeremus (Z. 5). Der folgende Hauptteil des Kontextes und der wichtigste Teil der Urkunde überhaupt, die Dispositio, enthält die Willenserklärung des Ausstellers und die Verfügung des Rechtsgeschäftes, also den Rechtsb Vgl. Santifaller, Urkundenforschung, S. 26. 2) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 354 f. 3) Vgl. Redlich, Urkundenlehre, S. 23 f.; Santifaller, Urkundenforschung, S. 26 ff.