Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)

SANTIFALLER, Leo: Die älteste Originalurkunde des Österreichischen Staatsarchivs

Die älteste Originalurkunde des Österreichischen Staatsarchivs 27 4. Das Siegel. Das Siegel x) wurde in der fränkischen Königsurkunde regelmäßig in der unteren rechten Ecke aufgedrückt und wird besonders seit Ludwig d. Fr. immer häufiger auf die Ausläufer des Rekognitions- zeichens gesetzt. Dies ist auch in unserem Diplom deutlich erkenn­bar. Der Vorgang der Besiegelung 1 2) war der, daß an der Stelle, an welcher das Siegel aufgedrückt werden sollte, ein Kreuzschnitt gemacht und darauf die vier entstehenden Zipfel umgebogen wurden. Es entstand so eine mehr oder weniger quadratische oder rhombische Öffnung. Durch diese wurde das wahrscheinlich in einem Wasser­bade erweichte Siegelwachs gedrückt und endlich der Siegelstempel in das auf der Vorderseite der Urkunde hervortretende Wachs ein­gepreßt. Durch das Eindrücken des Stempels wurde das Wachs auf der Rückseite der Urkunde plattgedrückt; auf der Vorderseite entstand eine das Siegelbild umgebende wulstartige Erhöhung. Auf unserer Urkunde ist nur mehr der Kreuzschnitt zu sehen. Das Siegel selbst ist längst verlorengegangen; eine Beschreibung desselben oder gar eine Abbildung ist nicht vorhanden. Wir besitzen aber eine Reihe mehr oder minder gut erhaltener, untereinander gleicher Siegel auf Originalurkunden Ludwigs d. Er. aus den Jahren 814—832 3), und so dürfen wir annehmen, daß auch unsere Urkunde einst dasselbe Siegel besessen hat. Dieses Siegel Ludwigs d. Fr. ist ein antiken Vorbildern nachgeschnittenes Gemmensiegel; die ovale, in einen Ring (5 mm) gefaßte Gemme (27—28 mm hx22 mm b) stellt die Büste eines römischen Kaisers im Profil dar 4); der längliche Kopf nach rechts gewandt, Haupt- und Barthaare kurz geschnitten, Schnurrbart, auf dem Haupte den Lorbeerkranz, hinten von einem in Schleifen herabfallenden Bande zusammengehalten, den Feld­herrnmantel auf der rechten Schulter mit einem Knopf befestigt. Die Umschrift in Kapitalbuchstaben lautet: -j- XPE PROTEGE HLVDOVVICVM IMPERATORE. 1) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 343—354; Erben, S. 170—180; Ewald, Wilhelm: Siegelkunde. München 1914. An verschiedenen Stellen; Bresslau, UL. 2, S. 548—624. 2) Vgl. insbes. Ewald, Siegelkunde, S. 165. 3) Vgl. Sickel, Acta 1, S. 352. 4) Vgl. zum folgenden Sickel, Acta 1, S. 352; Mühlbacher, Regesten, Einleitung, S. XCIV; Posse, Otto: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige von 751—1806, Bd. 1 (751—1347), Dresden 1909. Tafel 1, n. 6.

Next

/
Thumbnails
Contents