Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 3. (1950) – Leo Santifaller Festschrift
BLAAS, Richard: Ein Tiroler Teilbuch aus dem Jahre 1340
68 Richard Blaas troffen worden waren 1), fielen die Kinder nach geltendem Recht den Herren der Eltern zu gleichen Teilen zu. Hatte auch die fortschreitende Lockerung des Abhängigkeitsverhältnisses der Eigenleute im späteren Mittelalter gerade in Tirol große Fortschritte gemacht, so finden wir trotzdem als das am längsten nachwirkende Element der Unfreiheit die Ehebeschränkung auch noch für diese späte Zeit bezeugt und wirksam 2). Dem wirkte aber eine starke landesfürstliche Tendenz entgegen, die bestrebt war, im Interesse der Stärkung der eigenen Machtposition ein Aufsteigen der Unfreien, der Eigenleute anderer Herrenzugehörigkeit, zu öffentlicher Untertanenschaft zu fördern und den Besitz an Eigenleuten in anderer als der öffentlichen Hand zurückzudrängen 3). So mögen Ehen zwischen Eigenleuten des Landesfürsten und solchen anderer Grundherren einer nicht allzustrengen Beschränkung unterworfen gewesen sein, gaben sie doch die Möglichkeit, im Zusammenhang mit manchen anderen wirkenden Ursachen, in die rechtliche Stellung solcher Eigenleute mit gemischter Herrenzugehörigkeit zugunsten der landesfürstlichen Gewalt einzugreifen. Das Teilbuch von 1340 mag als Beweis dafür dienen, daß diese Tendenz wirksam war. Waren nun jahre-, ja jahrzehntelang keine Eigenleute') Eine Übersicht über dergleichen Verträge wegen Heiraten der Eigenleute siehe bei O. Stolz, Rechtsgeschichte des Bauernstandes, a. a. O., S. 97. 2) Den besten Beleg dafür bietet folgende aus dem Teilbuch genommene Aufzeichnung: Do fügt sich weilent do der Gander purchgraf waz, daz der Hűméin Tarant einen aigen man het, der pat den selben Tarant, daz er im erlaubt ein weip ze nemen. Do schuf er mit im, daz er chain andriu naem denn aineu die sein aigen wer, vnd do warb der selb man vmb Speten dez vorgenannt Güten tohter, die beriet im Gut mit dez vorgenannt Tarant willen vnd wurden do Güten chint getailt, also daz der vorgenannt purchgraf meim herren nam Güten sun Heinreich ze tail vnd der Tarant nam vnd vnderwant sich für seinen tail Güten tohter der vorgenannt Speten, vnd do ir wirt, dez vorgenannt Tarant aigen man, starb, do vnderwant sich der selb Hűméin Tarant paider wirtleul gut, naemlich swaz sein aigen man lie vnd swaz Guten tohter haben solt, also daz si do wider zu iren jriunden schief an allez gut. Cod. 397, Fol. 17'. — Vgl. auch H. Wopfner, Die Lage Tirols zu Ausgang des Mittelalters. In Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte, Heft 4, Berlin 1908, S. 71, Anm. 4. 3) Otto Stolz weist in seiner Geschichte der Gerichte Deutschtirols im AföG. 102, (1913) S. 134 f., an Hand von zahlreichen Quellenbelegen nach, daß die meisten Adeligen Tirols im Verlaufe des 14. und 15. Jahrhunderts ihren Besitz an Eigenleuten weniger durch Freilassungen als durch Kauf und Konfiskation seitens des Landesfürsten verloren, so daß bereits im Untertanenverzeichnis von 1427 (ediert in Schlem-Sehriften 44, S. 159 ff.) nur mehr wenige Geschlechter im Besitz von Eigenleuten sind und diese fast ganz in der Hand des Landesfürsten konzentriert scheinen.