Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 3. (1950) – Leo Santifaller Festschrift

NECK, Rudolf: Andrea Negroni. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichisch-türkischen Beziehungen nach dem Frieden von Zsitvatorok

194 Rudolf Neck Schlimmer stand die Sache für Negroni. Nicht nur Kiesi, der wegen der Ratifikation von 1610, die die österreichische Stellung bei den laufenden Verhandlungen erheblich geschwächt hatte, und wegen seiner Freundschaft mit Starzer auf Negroni schlecht zu sprechen war J), sondern auch der Kaiser selbst wollte, daß man bei Negroni ein Exempel statuiere 2). Der Beginn des eigentlichen gerichtlichen Verfahrens wurde noch durch die Verhandlungen mit den Türken verzögert. Da man jetzt die Divergenzen beider Fassungen von 1606 erst in ihrer vollen Bedeutung überblickte3), schritt man zur Abfassung eines neuen Vertrages. Der Friede von Wien, der am 14. Juli unterzeichnet wurde 4), bedeutete in vieler Hinsicht eine klärende Kompromißlösung und hatte gegenüber dem Vertrag von Zsitvatorok den Vorteil, daß er in beiden Sprachen ziemlich gleich lautete. Ende Juli wurde dann Gündel mit der Vereidigung der Zeugen im Prozeß Negroni beauftragt5). Die Anklageschrift wurde erst Mitte September verfaßt 6). Kurze Zeit nachher dürfte Negroni im Gefängnis, wohl infolge der Aufregungen und Anstrengungen der Haft, gestorben sein. Es deutet nichts darauf hin, daß der Prozeß gegen ihn vorher beendet wurde oder daß er eines gewaltsamen Todes gestorben ist7). Im folgenden Jahr wurde gegen die beiden Söhne Negronis noch ein Verfahren wegen der Gerichtskosten eingeleitet, aber vom Hof­kriegsrat wegen der Mittellosigkeit der Familie suspendiert8). In *) *) Kiesi an Starzer 1615 Juni 8, Türkei I, Fasz. 52. (Hammer-Purgstall, Khlesls Leben, 3. Bd., Urk. 497.) 2) 1615 Juni 10, Prag. Matthias an die Kommissare, ebendort: „Dann dass derselb fällig undt mit bösen unverantworttlichen Sachen an der portten zu höchstem der Christenheit schaden umbgangen sein muss, daher er nit nur wohlverwahrt sondern gegen ihme mit ernstlicherm examen alls bisshero geschehen, dardurch auf den aigentlichen grund zu kommen unverzogentlich verfahren werden soll, damit hernach seinem verdienen nach andern zum abscheuch und exempel mit gebührender straff verfahren werde.“ 3) Klesls Denkschrift 1615 Juli 7, Türkei I, Fasz. 53 a. *) 1615 Juli 14, Wien (Kop.) Urkundenabteilung. Bittner, a. a. O., S. 37, Nr. 189. Fekete, a. a. O., S. 7 ff„ 213 ff., Nr. 2. 6) Hofkriegsratsprotokoll 233, 1615 Juli 21, 234, Juli 26. 6) Dies geht aus einem Aktenvermerk auf dem Bericht der Kommissare vom 6. Juni (siehe oben) hervor. Die Anklageschrift und die eigentlichen Prozeß­akten konnten nicht mehr festgestellt werden. 7) Hofkriegsratsprotokoll 234, 1615 September 29 und Oktober 7. 8) Hofkriegsratsprotokoll 235, 1616 Juni 1, Juli 20, August 8.

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