Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)
WIESSNER, Hermann: Über Behinderungen der Archivarbeit
88 Archivberichte III: Erster österreichischer Archivtag Ungeklärte Eigentumsverhältnisse an den Archivalien können zu unangenehmen, zeitraubenden Störungen der Archivarbeit führen. Wir wissen, daß es in jedem Archiv Stücke gibt, bei denen sich das Eigentumsverhältnis oft beim besten Willen nicht klar feststellen läßt. Einmal handelt es sich um weitzurückliegende Entlehnungen, die in Vergessenheit gerieten. Sie blieben daher, da sie auch oft keinen Eigentumsvermerk aufweisen, im Archiv. In anderen Fällen sind es Leihgaben, über die kein Revers vorliegt und die nun infolge jahrzehntelanger Einstellung faktisch als Eigentum des Archivs gewertet werden. Dann endlich ist das Bergegut hieher einzureihen, Archivalien, die zur Kriegszeit hinterlegt wurden. Nebenbei bemerkt, handelte es sich hiebei zumeist um junges, wenig wertvolles Archivgut, wertvolle Stücke fanden nicht ihren Weg in öffentliche Sammlungen. Ich habe bei Übernahme des Archivs im Jahre 1945 diese fremden Bestände bei Vornahme der Bestandskontrolle nach der Verlagerung feststellen und aufzeichnen lassen. Das meiste davon ist bereits über Auftrag der Besatzungsmacht den Eigentümern zurückgestellt worden, geringe Reste, die bei den Aufräumungsarbeiten noch gefunden wurden, liegen zur Abgabe bereit. Auch bei Ankäufen aus privater Hand ist größte Vorsicht am Platze. Selbst bei Angeboten inländischer Herrschaftsarchive ist es unbedingt erforderlich, sich über die Rechtmäßigkeit der Verfügungsgewalt über das betreffende Archivgut von seiten des Bieters Klarheit zu verschaffen. Dies gilt besonders dann, wenn die Herrschaft im Eigentum mehrerer steht. Auf weitere Behinderungen der Archivarbeit — freilich die wichtigsten, aber auch die am schwersten zu bekämpfenden -— sei ebenfalls verwiesen. Da ist vor allem anderen die Interesselosigkeit, die man dem Archivwesen gegenüber feststellen kann. Es fehlt mancherorts an den primitivsten Vorstellungen und für viele ist Archivarbeit nur eine sinnlose Beschäftigung mit Altpapier. Die räumliche und finanzielle Beengtheit der Archive stellt ohne Zweifel das Haupthindernis gedeihlicher Arbeit dar. Archive ohne eigene Veröffentlichungsmöglichkeit sind tote Einrichtungen, und das Herausbringen jeder größeren Arbeit bedeutet Bittgang um Bittgang um Druckkostenbeiträge, in vielen Fällen noch dazu ohne jeden greifbaren Erfolg. Hierin Abhilfe zu schaffen, ist die vordringlichste Aufgabe, und es geschieht auch, indem Tagespresse, Rundfunk und Vorträge in den Dienst der Aufklärungsarbeit gestellt werden. In Kärnten ist die Duplizität von Landesregierungs- und Landesarchiv nie in Erscheinung getreten, da das Landesarchiv seit seiner Errichtung im Jahre 1904 zugleich auch die Agenden des Landesregierungsarchivs übernommen hat. Die durch das Bestehen zweier Archive in der Landeshauptstadt unvermeidliche Unklarheit ist dadurch beseitigt und die Zentralisierung kommt auch der Forschungsarbeit zugute. Bedauerlich ist naturgemäß der Wegfall eines systemisierten Postens des Leiters des staatlichen Archivs. Wünschenswert wäre im Interesse der klaren Unterscheidung eine einheitliche Bezeichnung der Landesarchive ebenso die einheitliche Regelung der Titelfrage bei den nichtakademischen Beamten. Die Unterstellung des Landesarchivs unter ein eigenes Amt der Landesregierung: „Kunst