Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)
WIESSNER, Hermann: Über Behinderungen der Archivarbeit
84 Archivberichte III: Erster österreichischer Archivtag Es wurden die einschlägigen Bestimmungen des Codex juris canonici, des österreichischen Denkmalschutzgesetzes, der in Frankreich, Italien Jugoslawien, England, den Vereinigten Staaten, Rußland und Ungarn geltenden Regulative, die zumeist in Gesetzesform gefaßt sind, erörtert. Auch das seinerzeit für Estland erlassene Gesetz sowie die Entwürfe, die die Tschechoslowakei und Preußen vorbereitet hatten, wurden einbezogen. Aus diesem Überblick ergab sich, daß es Länder gibt, die wohl über eigene Archivgesetze verfügen, deren Inhalt aber über das Ausmaß jener Bestimmungen, die anderwärts die Dienst- und Benützerordnungen der Archive enthalten, nicht hinausgehen. Eine zweite Gruppe umfaßt jene Archivgesetze, die sich in der Hauptsache unserem Denkmalschutzgesetz — beschränkt auf den Schutz der Schriftdenkmäler — an die Seite stellen ließen. Daneben gibt es aber auch Länder, die in weit umfassenderer Weise wenigstens grundsätzlich, die Archivangelegenheiten geregelt haben. Dazu dürfen England, die Vereinigten Staaten, Rußland und zuletzt Ungarn gerechnet werden. Das entscheidende Moment, dem besonderes Augenmerk zuzuwenden ist, besteht darin, daß abgesehen von den stark abweichenden politischen und historischen Voraussetzungen, in den dortigen Gesetzen Handhaben vorzuliegen scheinen, die den Archiven weiterreichende Möglichkeiten für den Schutz des staatlichen Schriftgutes bieten, als dies bei uns der Fall ist. Der Gedanke eines einheitlichen Fonds der Akten, auf den sich die Ingerenz der Archive erstreckt, unabhängig davon, um welches Stadium der Aktenbildung (Kanzlei, Registratur oder Archiv) es sich handelt, ist zukunftweisend. Es wird sich also darum handeln, die Stellungnahme von Praktikern des Archivdienstes einzuholen, die sich über ihre Erfahrungen nach der Richtung zu äußern hätten, ob die Möglichkeiten, die das Denkmalschutz- gesetz für die Sicherung der Schriftdenkmäler bietet, ausreichend sind und ob sie sich auch gegen Ämter und Behörden entsprechend anwenden lassen, oder ob nicht auch in Österreich eine Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen in der angedeuteten Richtung anzustreben wäre. Der Archivtag wurde am Freitag, den 23. September 1949, um 8 Uhr 30 Minuten im Hörsaal 39 der Universität fortgesetzt. Zunächst sprach Prof. Santifaller, insbesondere auch im Anschlüsse an das am Mittwoch gehaltene Referat von Dr. Goldinger, einige einleitende Worte. Es folgte dann das Referat des Landesoberarchivars Dr. Hermann Wiessner (Klagenfurt): Über Behinderungen der Archivarbeit. Von der Überlegung ausgehend, daß es Hauptziel einer Archivtagung sein müsse, die Arbeit des Archivars sowohl in archivtechnischer wie in wissenschaftlicher Beziehung weitgehendst zu fördern, habe ich unter Verzicht auf die Darlegung von Forschungsergebnissen obiges Thema zum Gegenstand meines Kurzreferates gewählt. Obzwar es sich um Dinge handelt, die im Archivdienst täglich begegnen, halte ich es doch für nützlich, sie vor einem Plenum von Fachleuten zur Sprache zu bringen, um so die Möglichkeiten ihrer Beseitigung zu erwägen.