Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)

Erster österreichischer Archivtag in Wien, 21. bis 24. September 1949

80 Archivberichte III: Erster österreichischer Archivtag Verhandlungen und Taten wurden durchgeführt, die oft nur in vielfach bereits vergessenen privaten Aufzeichnungen, oft aber auch nur im Gedächtnis weniger beteiligter Persönlichkeiten überliefert sind und die daher wahr­scheinlich für alle Zukunft unaufgeklärt bleiben und in das Dunkel der Vergessenheit versinken werden! Und da erwächst nun, meiner Meinung nach, den Archiven die neue und vom Standpunkt der Geschichtswissenschaft aus gesehen außer­ordentlich wichtige, aber auch in hohem Grade dringliche Aufgabe, auch schriftliche Quellen zu sammeln und zu betreuen, die nicht organisch als Bestand einer Registratur erwachsen sind, also z. B. Briefe, Tagebücher, Erinnerungen, private Aufzeichnungen und Berichte aller Art, Notiz­bücher, private Nachlässe usw., ja noch mehr: es wird sich als notwendig erweisen, lebende Zeugen großer Ereignisse und Teilnehmer am geschicht­lichen Geschehen, insbesondere aber Persönlichkeiten, die an entscheidender Stelle gestanden und die Entwicklung richtunggebend gestaltet haben, zur Niederschrift ihrer Erlebnisse zu veranlassen und diese Aufzeichnungen zu sammeln und aufzubewahren. Damit schließe ich nun meine Ausführungen mit dem Wunsche, daß sich unser Erster österreichischer Archivtag fruchtbringend gestalten möge. Ich heiße noch einmal alle Erschienenen herzlich willkommen. Es folgten dann Begrüßungsworte des Herrn Sektionschefs Dr. Eduard Chaloupka. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder haben Sie sich zwecks Gedankenaustausches und wissenschaft­licher Zusammenarbeit versammelt. Schon das Ergebnis Ihrer vorjährigen Zusammenkunft hat einen schönen Erfolg gezeitigt. Denn die Wieder­errichtung des Archivamtes durch das Bundeskanzleramt bei voller Selb­ständigkeit der Länder, deren Interessen sowohl hinsichtlich ihrer Selbst­verwaltung wie auch ihrer kulturellen Eigenheiten bei einheitlicher Aus­bildung der Archivare am alten Institut für österreichische Geschichts­forschung gewahrt bleiben, ist als großer Erfolg für die Durchführung der wissenschaftlichen Arbeiten zu werten. Für diese Arbeiten steht Ihnen in erster Linie das Österreichische Haus-, Hof- und Staatsarchiv zur Verfügung, denn dieses enthält nicht nur wichtige Quellen österreichischer Geschichte, sondern Quellen der gesamten europäischen Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Die Bundes­regierung hat stets großes Interesse an den wissenschaftlichen Bestrebungen und Arbeiten des Staatsarchivs genommen und nicht nur der heute vor­mittag stattfindende Festakt, sondern auch die ideelle und materielle Förderung bei der Herausgabe der Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, des Faksimile Werkes und der Festschrift sind Beweise dieser Anteilnahme. Gerne hätte der Herr Bundeskanzler dieser Veranstaltung beigewohnt, doch ist er zu seinem Bedauern verhindert, seine Absicht durchzuführen.

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