Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)

MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770

318 Ferdinand Maaß dem für den herzoglichen Administrator recht lästigen Zeremoniell machte er noch einmal geltend, daß das Kardinalat die bischöfliche Würde beeinträchtige, was man schon auf dem Trienter Konzil gesagt habe. Vor allem aber bilde die Kardinalswürde ein schwer zu be­seitigendes Hindernis für die Erreichung eines der wichtigsten Ziele, das gegenwärtig die katholischen Höfe anstrebten, nämlich der Ein­schränkung der päpstlichen Gewalt auf den rein geistlichen Bereich. Die bestimmte Forderung des Statthalters, die juridischen Studien auf eine neue Grundlage zu stellen, hatte Kaunitz nicht gerade ab­gelehnt, aber doch beiläufig bemerkt, daß es in Ermangelung eines neuen Systems alles in allem besser sei, sich vorläufig mit dem alten Studienplan zu behelfen. Diese Halbheit wollte Firmian auf keinen Fall gelten lassen x). Man müsse doch das neue System der Staats­verwaltung nicht bloß für die Gegenwart aufstellen, sondern es auch für die Zukunft sichern. Wenn aber einmal die Nachkommen die Taten der jetzt Lebenden billigen sollen, dann sei es nicht bloß förder­lich, sondern unbedingt notwendig, die geistlichen Studien von Grund auf zu reformieren. Die theologischen und philosophischen Schulen der Jesuiten müßten daher unterdrückt und das gegenwärtig übliche Studium der Moral und der Kasuistik beseitigt werden. So hätten ja auch die Venetianer die Lehrbücher der Moral verbessert, da die bisher in den Schulen vorgetragenen Morallehren der heutigen staats­kirchlichen Praxis direkt entgegen seien. Vom jus canonicum habe man nicht einmal eine richtige Idee, da man leere forensische Formeln als das Wesen dieser Wissenschaft ansähe und nicht das Studium der Kirchendisziplin. Daher müßte das reformierte Kirchenrecht ebenso wie die gereinigte Moral auch in den bischöflichen Seminaren eingeführt und sogar den jetzt amtierenden Pfarrern dieses Studium zur Pflicht gemacht werden. turen weit kräftiger unterstützen werde, als er es ohne diesem Rang nicht leicht getan haben dürfte.“ — Unterdrückte Stelle in der geheimen Denkschrift Heinkes für Kaiser Joseph II. am 14. März 1781. Archiv des Schottenstiftes, 1. cit., B, a, fol. 39. Eine andere Stelle: „... Man verliert bei ihnen (den Prälaten) im Kleinen was man bei den Kardinálen im Großen Gefahr läuft, die nach erhaltenem Hute mehr für die römischen Maximen als die landesfürstlichen Gesetze eifern .., “ Archiv des Schottenstiftes, 1. cit., A 33. x) FK, 8. April 1769.

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