Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)
MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770
306 Ferdinand Maaß der Verhandlungen nur der Kirche zur Unehre gereichen müsse *), daß der Kardinalstaatssekretär vor Gott und der Welt dafür die Verantwortung trage 2) und daß endlich, mehr als alles andere, die für die Kirche daraus entspringenden verderblichen Folgen3) Zeugnis ablegen würden für die Reinheit seiner Absicht und die Lauterkeit seines Wollens. Bemerkungen zum 2. Abschnitt vom 10. September 1764 bis 30. Dezember 1765. Um den Leerlauf der Konkordatsverhandlungen, der das österreichische Ansehen bei den Graubündnern empfindlich schädigte, zum Stillstand zu bringen und endlich die entscheidende Wendung zu seinen Gunsten herbeizuführen, entschloß sich Kaunitz, nunmehr auch historische Gründe ins Treffen zu führen und mit ihnen die Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche zu beweisen. Er forderte daher von Firmian die archivalischen Unterlagen dafür, daß im Mailändischen die Geistlichen schon im 16. Jahrhundert in der Erwerbung liegender Güter sehr weitgehenden Beschränkungen unterlagen4). Auch die alten Statuten der Graubündner Bezirke von Chiavenna, Bormio und des Veltlins sollten nach dieser Rücksicht durchgesehen werden. Der Staatskanzler war sich seiner Sache zwar nicht ganz sicher, aber er sah den Nachforschungen mit Zuversicht entgegen. Das Resultat der Untersuchung war tatsächlich über alles Erwarten günstig. Die alten Statuten der Graubündner ließen samt und sonders den Schluß auf irgendwelche Amortisationsgesetze oder wenigstens auf Praktiken in dieser Richtung zu. Vor allem aber konnte aus dem Mailänder Senatsarchiv bewiesen werden, daß in diesem Herzogtum der Gütererwerb durch die sogenannte tote Hand schon in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts vom Staate abhängig und daher auch den von ihm bestimmten Beschränkungen unterworfen war, lange bevor die „Neue Konstitutionen“ für Mailand erlassen worden waren 5). Damit war scheinbar die These, die der österreichische Kanzler in Rom verfocht, klar bewiesen. Und trotzdem nur scheinbar. Aus ') Mit diesem Vorbehalt war er von Anfang an an die Verhandlungen herangetreten; siehe KF, 1. Dezember 1763. 2) KF, 16. April 1764. 3) KF, 25. Juni 1764. 4) KF, 10. September 1764. 6) KF, 13. Oktober 1764.