Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)

MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770

MITTEILUNGEN DES ÖSTERREICHISCHEN STAATSARCHIVS HERAUSGEGEBEN VOJ«! DER GENERALDIREKTION Band 1 1948 Heft 2 Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz- Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770. Von Ferdinand Maaß. Einleitung. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts setzte der abendländische Staat zum Generalangriff gegen die katholische Kirche an. Es war nicht etwa reiner Mutwille, Bosheit oder Verfolgungssucht, die die ver­antwortlichen Staatsmänner zu ihrem Vorgehen gegen die Kirche bestimmten, sondern vielfach die tatsächliche Notwendigkeit, der Zwang der realen Verhältnisse. Allenthalben wandelte sich der un­fertige Staat, wie er seit dem Mittelalter bestanden hatte, zum zen­tralistischen Wohlfahrtsstaat mit seiner fast unermeßlichen Fülle neuer Aufgaben und Probleme materieller und geistiger Art, der die noch bestehenden feudalen Zwischengewalten in keiner Weise ge­wachsen waren. Sie galt es daher zurückzudrängen, mit der Zeit ganz auszuschalten und ihre Machtbefugnisse in die Hände von geschulten, dienstwilligen und dem Staate bedingungslos ergebenen Beamten zu legen. Dies um so mehr, als zur Erfüllung dieser Aufgaben gewaltige Geldmittel erforderlich waren, an deren Aufbringung nur dann zu denken war, wenn der Feudaladel nicht bloß die bisherige Machtfülle, sondern auch die Privilegien verlor, die ihn im Besitz seiner aus­gedehnten Ländereien geschützt und eine, den wirklichen Staats­notwendigkeiten entsprechende, Besteuerung verhindert hatten. Außerdem waren damals fast alle Staaten Europas in den Strudel der Kriege hineingerissen worden, die seit der Thronbesteigung Maria Theresias den Kontinent durch mehr als 20 Jahre hindurch erschütterten. Die gewaltigen Heere, die unabsehbaren Kriegsschäden, die Not­wendigkeit, das eigene Land durch kostspielige Festungsanlagen zu sichern, all das drängte die Staaten fast mit der Unwiderstehlichkeit 19

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