Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)

SEIDL, Jakob: Das Österreichische Staatsarchiv

Das Österreichische Staatsarchiv 15 archív des ehemaligen Reichsarchivs Wien dagegen verfügten über größere Bibliotheken, von denen die erste rund 180.000J), die zweite rund 160.000 Bände zählt, da diese Archive bis zum Ende der Öster­reichischen zentralen Verwaltung auch die Bibliotheken ihrer Mini­sterien zu verwalten hatten. Diese beiden, bereits im 18. Jahrhundert bei der Studienhofkommission und der geistlichen Hofkommission, beziehungsweise bei der Hofkammer begründeten, den Zwecken der Unterrichts-, Kultus- und Finanz Verwaltung angepaßten und demnach mit den Beständen dieser Archive im engsten Zusammenhang stehenden Bibliotheken wurden vom Reichsarchiv Wien übernommen. Bei Errichtung des Österreichischen Staatsarchivs wurde die Unter­richtsbibliothek dem wieder errichteten Unterrichtsministerium zu­rückgestellt, 1947 wurde die Finanzbibliothek, die noch 1945 mit der Unterabteilung Finanzarchiv der Abteilung Finanz- und Hofkammer­archiv des Österreichischen Staatsarchivs vereinigt blieb, dem Bundesministerium für Finanzen übergeben. Eine zweite Sorge, welche die Beamten des jungen Österreichischen Staatsarchivs bedrückte, war die Auseinandersetzung mit den Nach­folgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie und mit jenen Staaten, aus denen während des Krieges Bestände weggebracht worden waren. Die streng wissenschaftlichen Grundsätze, welche die Leitung des ehemaligen Reichsarchivs Wien, stets den archivalischen Her­kunftsgrundsatz beachtend, auch während des Krieges befolgte, hat es glücklicherweise mit sich gebracht, daß aus dem „Protektorat“ und den von deutschen Truppen besetzten Ländern nur solche Bestände weggebracht wurden, deren Wegbringung mit dem Herkunftsgrundsatze vereinbar war. Ausnahmen davon bildeten nur militärische Bestände, die durch die Wehrmacht in das damalige, dem Reichsarchiv Wien nicht unterstehende Heeresarchiv Wien gebracht worden sind, und die aus Jugoslawien zur Feststellung der Kriegsschuldfrage des ersten Weltkrieges in das Reichsarchiv Wien überführten Bestände, deren Rückstellung nach ihrer Auswertung stets beabsichtigt war. Daß alle diese und auch die nach 1918 an die Nachfolgestaaten abgetretenen und nach 1939 wieder nach Wien zurückgeführten Be­stände wieder zurückgestellt werden müssen, sah die Leitung des Österreichischen Staatsarchivs als selbstverständlich an. Es war aber zu befürchten, daß, wie 1918, an Österreich neue, weitergehende *) *) „Katalog der Bibliothek des k. k. Finanzministeriums“, I. Bd„ Wien 1898, II. Bd„ 1909.

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