Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)
SEIDL, Jakob: Das Österreichische Staatsarchiv
Das Österreichische Staatsarchiv 1 mäßig ausgestattete Lagerräume in der Neuen Hofburg und in dem an das Archivgebäude anstoßenden Bundeskanzleramt herangezogen werden. Als wahrer Glücksfall muß es bezeichnet werden, daß es im Jahre 1936 möglich war, für das damalige Staatsarchiv des Innern und der Justiz, das heutige Allgemeine Verwaltungsarchiv, welches nach dem Brande des Justizpalastes im Gebäude des Kriegsarchivs eine vorübergehende Unterkunftsstätte gefunden hatte, ein eigenes Haus, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbaute, in Wien, I., Wallnerstraße 6, gelegene Palais Palffy anzukaufen. Da dieses Gebäude in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg für eine seither eingegangene Bank umgebaut worden war, bot es die für die Unterbringung eines Archivs notwendige Sicherheit; es hatte auch ausreichenden Raum, um die zahlreichen Bestände, die gerade dieser Archivabteilung nach Auflassung der österreichischen Ministerien zufielen, aufzunehmen. Leider ist dieses Haus am 10. September 1944 durch zwei Bombentreffer so schwer beschädigt worden, daß die Wiederherstellung noch einige Jahre erfordern wird. Inzwischen müssen die aus den Bergungsstellen zurückgebrachten Bestände notdürftig in gemieteten Kellerräumen untergebracht werden. Das Hofkammerarchiv ist heute noch in dem im Jahre 1843 als Archiv gebauten Hause, Wien, I., Johannesgasse 6, untergebracht, in das es, als Österreichs größter Dichter Franz Grillparzer sein Direktor war, einzog. Wenn auch dieses Gebäude nicht mehr allen Anforderungen, die gestellt werden müssen, entspricht, so ist es durch kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges erfolgte Umbauten ermöglicht worden, eine Trennung von Lager- und Verwaltungsräumen durchzuführen und alle Archivalien aus dem obersten, also am meisten gefährdeten Stockwerken zu entfernen. Das Finanzarchiv ist gleichfalls an seiner alten Stätte, dem Ge- ■ bäude des österreichischen Finanzministeriums, verblieben, das in den Jahren 1703 bis 1711 von Johann Bernhard Fischer von Erlach als Winterpalast des Prinzen Eugen von Savoyen erbaut worden ist und als eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Barockzeit bezeichnet werden kann1). Die Unterbringung des Archivs in diesem Gebäude war die denkbar schlechteste, wie es ja oft der Fall ist, wenn Archive, die bloß als „Hilfsämter“ angesehen werden, zusammen mit Behörden in einem Hause untergebracht sind. Daran hat sich auch heute nicht viel geändert. 1) „Der Winterpalast des Prinzen Eugen von Savoyen“. Herausgegeben vom Bundesministerium für Finanzen. Wien 1930.