Fekete Ludwig: Türkische schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy (Budapest, 1932)
Einleitung
noch vor den wiederholten inneren Krisen, der Politik ihres Reiches mit dem Wunsche Ausdruck verleihen, dass Gott den Frieden und die neuen Vereinbarungen „nicht zwanzig Jahre lang, sondern solange erhalten möge, als die Reiche der beiden Herrscher bestehen**. 1 In Ungarn zieht sich der Friede nun tatsächlich in die Länge und eine seiner Früchte ist es, dass die Pforte allmählich jene Übermacht aufgibt, die sie früher in ihrem Verhältnisse zum Hause Habsburg besessen hat. Der Sultan und der Kaiser vermeiden oder gleichen die grossen Gegensätze aus; während der 52 Jahre (1606—1658) gibt es in Wien keine türkische Frage, aber auch in Stambul nimmt man davon Abstand, gegen „Nemce** zu hetzen. Ungarns Schicksal entscheidet sich seit 1606 nicht mehr ausschliesslich in der türkischen Hauptstadt nach der Willkür der Sultane und Paschas. Darüber wird hier und in Wien, in den Residenzen der beiden Kaiser, bzw. in den Verhandlungen ihrer ebenbürtigen Delegierten; in Ofen, der Residenz der türkischen Vertreter, und in Eisenstadt auf dem Schlosse des Palatins Nikolaus Esterházy beraten. Die Herrscher schicken einander Gesandte, — es war also anders als in früheren Jahrhunderten, da bloss des Königs Gesandte nach dem prächtigen Stambul zogen —, Kaiser und Sultan betrachten sich als „Vater und Sohn** und halten sich für gleichgestellte Parteien. (Die Frage, wer von beiden der Vater ist, Hessen sie 53 Jahre lang offen.) Sie stimmen auch darin überein, dass sie beide eine Grenz-, eine Lokalpolitik verfolgen, die Führung der Geschäfte ihren Vertretern im Grenzgebiete überlassen und sich nur für Ausnahmsfälle die Entscheidung vorbehalten. Der Vertreter der türkischen Regierung ist der Ofner Bejlerbej, mit einem Wirkungskreis, der den früheren weit übertrifft; auf ungarischem Gebiete aber ist der Palatin Nikolaus Esterházy dazu berufen, die Gültigkeit der Verträge zu sichern und gegenüber den Türken mindestens den Status quo aufrechtzuerhalten. Von nun an sehen wir die Vertreter der beiden Mächte einander gegenüber: Der Wüle ihrer Herrscher kommt durch sie zum Ausdruck. Doch sind sie einander bloss in ihrem Range ähnlich, im Bestand ihrer Macht unterscheiden sie sich voneinander. Denn während jener zwanzig Jahre, da Nikolaus Esterházy die Würde eines Palatins von Ungarn bekleidet, lösen einander nicht weniger als 13 Bejlerbejs in der Würde des Paschas von Ofen ab. 1 Wien, St.-A., Turcica, Urk, 15. Sept. 1615. . *•