Fekete Ludwig: Türkische schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy (Budapest, 1932)
Einleitung
Kreise — der Ulemas — gewinnt allerdings eben in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auch in Konstantinopel an besonderem Umfang, kommt aber nur im Interesse der offiziellen Politik und der Dynastie zur Geltung.) In die anatolischen Unruhen mischte sich nämlich auch Persien ein, der führende Staat des Schiazweiges des Islams und in dieser seiner Eigenschaft der Rival des Hauses Osman, des Repräsentanten der Sunniten. Das Sultanat hatte also an den Osträndern des Reiches ebenso seinen Religionskrieg, wie ihn die Habsburger hatten, und die Empörer fanden hier zur Unterstützung ebenso ausländische Souveräne, wie dies bei den Kaisern der Fall war. Die Lage wurde noch schwieriger durch den Umstand, dass die Unruhen hierzulande von hochgestellten Statthaltern und geschulten Soldaten geleitet wurden. So können wir den Fall ,Abaza Mehmeds erwähnen, der als einer der Getreuer der Dynastie den Janitscharen, den „Mördern des Sultans Osman", mit der Ausrottung droht, gleichzeitig aber auch bei Schah Abbas, dem bitteren Feinde der Osmanen, um ein Bündnis wirbt. Er behauptet sich jahrelang und als er dann, bezwungen, nach Konstantinopel gebracht wird, erlangt er Begnadigung und bekommt überdies noch die Bejlerbejstelle von Bosnien. 1 Der Kampf gegen die „Räuber" — eskijä nennt die Pforte ihre Feinde — endet solcherart oft mit einer tiefen Erniedrigung des Thrones. Wohl versucht die „glänzende Pforte" ihre Gegner gefügig zu machen; gelingt dies aber nicht, so findet man sich mit den Empörern ab und gibt ihnen schliesslich dem Anscheine nach freiwillig, was man ihnen früher nehmen wollte. Werfen wir nun einen Blick auch auf die Verhältnisse der europäischen Provinzen des Reiches. Die Versetzung Abaza Mehmeds von Ostanatolien nach Bosnien zeigt deutlich genug, für wieviel gefestigter die Pforte ihre Lage in den europäischen Provinzen als im Osten oder als ehedem im Westen betrachtete. 2 1 Tärih-i PeéevT (Konstantinopel, 1283 —, beg. 16. Mai 1866) II, 411. 2 Selbst der Palatin Nikolaus Esterházy trug sich im Zusammenhang mit dem Erscheinen Abaza Mehmeds in Bosnien mit eitlen Hoffnungen, indem er glaubte, dass Abaza Mehmed auch als bosnischer Bejlerbej Empörer bleiben werde und dies auch ihm, dem Palatin, im Kampfe gegen das Sultanat zum Vorteil gereichen könnte. „Auch ich wundere mich über die Versetzung Abaza Paschas ... und vielleicht hat ihn Gott gerade deshalb hierher geschickt, was wir nicht wissen" — schreibt er anfangs 1629 an Tassi ([Ladislaus SzalayJ Esterházy Miklós, Magyarország nádora („Nikolaus E., Palatin von Ungarn"), III, 478).