Ludwig Fekete: Einführung in die Osmanisch-Türkische Diplomatik der Türkischen Botmässigkeit in Ungarn (Budapest, 1926)

PALÄOGRAPHISCHER TEIL

drehte man das Papier um und setzte das Schrei­ben fort. Auf den Rand von Bittschriften pflegte man die Instruktion für Erledigung zu schreiben, wes­halb dies der kenar (jb^ jj 'auf dem Rande') genannt wurde. Die Zeilen wurden auf den Urkunden nicht vor­Linierung. gezogen und nur ausnahmsweise finden wir auf Urkunden des 16.—17. Jahrhunderts eine Linierung. Man stellte sie auf zwei Arten her: mit dem Blei­stift oder — als Ritzlinien — mit einem Instru­ment mit flacher Spitze, das man auf der Rück­seite des Blattes durchzog. Gegen Ende der Botmässigkeit kam zur Vorzeichnung der Zeilen ein eigenartiges Mittel in Mode: Man faltete den unteren Teil des Papieres ein, und zwar kam dabei die linke Ecke höher als die rechte, und die so begonnene Faltung wurde über das ganze Papier fortgesetzt. Den Text schrieb man auf die nach links hinaufführende Linie. 1 Den Text der Urkunde mit Tinte oder Blei­stift einzurahmen, war gleichfalls nicht üblich, ich kenne dafür nur ein einziges Beispiel. In den Kodexen hingegen war Linierung und Einrahmung eine Hauptbedingung für proportionierte und schöne Arbeit und darum unerlässlich. Die Zeilen pflegte man dort durch Ritzstriche vorzuzeichnen. Die Zeilen- Allgemeine Regel war, dass „die Buchstaben abstände. dicht und die Zeilen selten seien" (< ßj> aJjl )Man kann die Erfahrung machen, dass namentlich auf feierlichen Urkunden dies als Vorschrift betrachtet wurde. Auf zwei Meter Papier kommen kaum mehr als 20—22 Zeilen und 7 2 m lange Urkunden bestehen gewöhnlich aus 7—8 Zeilen. Die Zeilenabstände sind also wirk­lich gross. Es ist möglich, dass die Türken diese Gewohnheit von den Arabern übernommen haben. Nachdem sie allgemein geworden war, bequemten sich auch einfachere Schreiber dazu. Zumindest beginnen sie mit weiten Abständen; später aller­dings kommen sie mit dem Platz ins Gedränge und die Zeilen rücken einander näher. Die Zeilen- Am Zeilenende pflegte man enger, gedrängter enden. zu schreiben und, um mehr Text in die Zeilen 1 Archiv des Ung. Nat.-Museums. Turcica, Stammaterial. 8 Tk Hss UAW, 4° 57. hineinzubekommen, bog man die Enden nach oben ab, was die Zeilen nun natürlich verlängern musste. Den letzten Buchstaben jeder Zeile zog man aber wieder sehr in die Länge und gab ihm, ohne Rück­sicht auf seine eigentliche Gestalt, immer unge­fähr dieselbe Form, so dass bei flüchtigem Betrach­ten am Ende aller Zeilen derselbe Buchstabe zu stehen scheint oder die letzten Buchstaben zu­mindest sehr ähnlich aussehen. Diese weit aus­geschweiften Striche gehören als Buchstaben in den Text. In neuerer Zeit aber — etwa um 1800 — wurde es auf Grund dieser Gewohnheit zur Regel, vom Ende jeder Zeile zu dem der nächsten einen beliebig geschnörkelten Strich hinabzuziehen. Die­ser ist kein Buchstabe mehr und doch auch nicht blosse Verzierung, da er dazu bestimmt ist, nach­trägliche Einschübe am Zeilenende zu verhindern. DIE SCHRIFT. Die Osmanlitürken schrieben nicht nur in Die amtlich gebrauchten ihrer eigenen Sprache. Unter den Kodexen, die Sprachen. sie abschrieben, sind zahlreiche arabische und persische, meist religiösen oder schöngeistigen Inhalts, sie gehören also in Gebiete, auf denen die Türken die betreffenden Völker als ihre Meister betrachtet haben. Auch ihre Urkunden und amtlichen Schrift­stücke schrieben sie nicht ausschliesslich in tür­kischer Sprache. In Briefen an Perser oder Araber verwendeten sie oft deren eigene Sprache, und, als ihre Beziehungen nach Westen stärker geworden waren, fassten sie manchmal ihre Amtsschriften in den Sprachen der westlichen Völker ab. Beson­ders Griechisch, Slavisch (Serbisch, Bosnisch), Ungarisch und Italienisch kommt hierbei vor, sporadisch auch Lateinisch, Armenisch und Deutsch. 1 Hier verfolgte der Gebrauch fremder Sprachen einen praktischen Zweck, nämlich die Herstellung einer unmittelbaren Verbindung. Ihre Verwendung kann man nicht eine gelegentliche nennen, ja sie bestand nicht nur zur Zeit der Un­abhängigkeit der fremden Völker (z. Bsp. Griechen, Serben), sondern — zumindest an manchen Stellen — auch nach deren Unterwerfung. 1 WMBH, III. 346., IV. 393., Glasnik, V. 217. Die Urkunden des St. A. von Wien und des Archivio di Venezia.

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