Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)

Einleitung

noch vollständig sind, weil sie nicht sämtliche Beratungspunkte einer Berat­ung enthalten und auch nicht über jede Sitzung erhalten blieben. Die Originalprotokolle brachte Kossuth im Dezember 1848 von ihrem Auf­bewahrungsort, dem Ministerpräsidentenarchiv bzw. -arbeitszimmer, in Si­cherheit, und von da an verliert sich ihre Spur. Auch die Österreicher fanden sie Anfang 1849 nicht mehr, als sie nach belastenden Beweisen gegen Ludwig Batthyány suchten. Leuzendorf verzichtete, als er die Anldageschrift formulierte, im Beweisverfahren völlig auf ihre Verwendung. Paul Jászay lieferte am 13. Februar 1849 von sich aus einige bei ihm verbliebene Konzepte ab; diese sind jetzt lückenfüllende Stücke für diese Quellenedition aus den Akten des Batthyany-Pro­zesses. 14 DIE ART DER QUELLENEDITION - BEMERKUNGEN Schon durch die bisherigen Ausführungen der Einleitung wird deutlich, daß die Tätigkeit der Regierung von 1848-1849 wegen der Schwierigkeiten der Übergangsperiode und der Kriegsverhältnisse nicht im Rahmen von gewohn­ten Bräuchen und Regeln vor sich ging. Auf die Protokolle bezogen, bedeutet dies z.B., daß man von ihrem Inhalt und ihrer Form nicht eine der Zeiten nach 1867 ähnliche Geregeltheit und Systematik verlangen darf. Es kann keine Auswahl unter den Originalreinschriften, Konzepten oder Abschriften getrof­fen werden, sondern der erhaltengebliebene Text muß aus den miteinander verglichenen Originalausfertigungen und Abschriftenfragmenten rekonstru­iert werden. Aufgrund dieses Umstandes weist die Veröffentlichungder Minis­terratsprotokolle von 1848-1849 innerhalb der Gattung der Quellenedition der Ministerratsprotokolle singulare Eigentümlichkeiten auf. Der Text wird aufgrund von Archivalien, in erster Linie aus dem Ungari­schen Staatsarchiv, dem Archiv des Ministeriums von 1848/49, dem Bestand der Ministerratsprotokolle (H 5) ediert. Wo dies nicht möglich war, griffen wir auf die Ausgabe Kossuth Gesamtwerke zurück. Manchmal blieben von einer Sitzung mehrere, einander günstigenfalls ergänzende Schriftstücke erhalten. An erster Stelle steht dann das Schrift­stück aus dem Bestand der Ministerratsprotokolle (in den meisten Fällen die Abschrift von Anton Vorös), dann folgt der Protokollauszug, und den Schluß bilden die Konzepte. Die Konzepte haben zahlreiche Tagesordnungspunkte festgehalten, deren endgültiger, reinschriftlicher Text nicht kontrolliert werden kann. Viele Text­teile sind durchgestrichen; diese wurden in der ungarischen Ausgabe in Klam­mern mit Kursivschrift am originalen Textstandort angegeben, doch ist ihre Wiedergabe in der deutschen Übersetzung fast unmöglich und außerdem ü­berflüssig, weil sie gegenüber dem endgültigen Text keinen wesentlichen In­halt mitteilen. Die Protokolle sind chronologisch und die einzelnen Textvarianten alpha­betisch bezeichnet ediert. Bei der Datierung wird als Ort der Sitzung - nach Kossuth Gesamtwerke - einheitlich Budapest angegeben; in Klammern dann,

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