Franciscus Dőry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 11. Budapest, 1976)
Einleitung
sich hier aber eher um Synonyme handelt, zeigt der Ausdruckpotiores proceres in mehreren Dekreten aus der Zeit Sigismunds (August und Oktober 1397, 15. April, [vor dem 24. April] 1405, 20. Januar 1407, 21. Juli 1417). Auf den Reichstagen erscheinen also die wohlhabenderen, vornehmeren Adligen, nicht aber zwei gesonderte Schichten. Die Gesetze von der Mitte des 15. Jahrhunderts, die sicherheitshalber auch durch persönlichen Eid und Klausel bestätigt wurden, führen sie einzeln an. Dagegen wird das Anhören der städtischen Deputierten nur dann für notwendig gehalten, wenn die Regelung ihre Interessen direkt berührt (15. April 1405,20. Januar 1432, 7. Mai 1445). Die große Mehrheit des Landes, die Bewohner der Marktgemeinden und Dörfer bleibt jedoch vom Kreis der Gesetzgeber vollständig ausgeschlossen; nicht einmal der Ausdruck „ac alii possessionati homines" im Dekret vom 13. Juni 1446, der wohl eine breitere Auslegung erlaubt, deutet über den Kreis der herrschenden Klasse hinaus. Wir möchten gern den Weg von der gesetzgebenden Absicht bis zur Inartikulation näher kennen, leider jedoch sind unsere Quellen gerade in dieser Hinsicht sehr unscharf. Die Initiative konnte vom König, vom Rat oder vom Reichstag ausgehen. Es besteht kaum die Möglichkeit, die Debatten im Rat verfolgen zu können; in dem auf uns gekommenen Text spricht der König und weist auf die Besprechungen mit seinen Prälaten und Baronen hin. Wie gesagt, dies ist nicht nur historisch von Bedeutung, sondern hatte zu seiner Zeit auch einen propagandistischen Zweck. Auf jeden Fall können wir annehmen, daß die Ratsdekrete von jenem engen Kreis ausgegangen sind, der das ständische Ungarn tatsächlich regiert hat. Zur Zeit Sigismunds zeichnet sich das Profil einzelner einflußreicher Mitglieder des Rates bereits deutlicher ab, ohne daß wir einzelne Rechtsnormen als ihr persönliches Werk betrachten können. Die beiden Propositionen des Königs (1415/1417, 1432/1433) demonstrieren sehr eindrucksvoll, wie er bestrebt war, seine Pläne durch Argumentation vom Reichstag annehmen zu lassen. Was die ständische Initiative anbelangt, erscheint diese bereits in der Anjou-Zeit und greift eigentlich auf die politische Praxis des ausgehenden 13. Jahrhunderts zurück. Charakteristisch ist das Dekret vom 10. August 1324, das Karl I. auf den ausdrücklichen Wunsch von „uni versi nobiles in expeditione generali existentes" erließ:, „a nobis postularunt"! Bei der Erteilung und Erneuerung der Freiheitsbriefe sind die im Namen der „Gesamtheit des Landes" auftretenden Adligen Antragsteller: supplicantes (1351,1384,1439,1440), wobei dies tatsächlich eine gewichtigere Forderung darstellt als ein bloßes Ersuchen. Es ist auffallend, daß dieses „Ersuchen" des Adels durch schriftliche Tradition belegt werden konnte. Die Ablegate verfügten 1351 über die Goldene Bulle, 1384,1397 und 1439 über den Text des Dekrets Ludwigs I., sie hatten sogar 1440 in einem libellus vier vorherige Gesetze zur Bestätigung eingereicht! Der auf Hunyadis Seite stehende mittlere und niedere Adel ging mit dem nachträglich ins Gesetz aufgenommenen Programm zum Reichstag von 1446, und die Stände „presentarunt articulos" auch im Jahre 1453. Ein eigenes Organ zur Erledigung der schriftlichen Arbeiten hatten sie nicht, aus späteren Angaben jedoch kann man darauf schließen, daß Schrift- und Rechtskundige der Kurie, die Protonotare, diese Arbeit ausgeführt haben. Obgleich die Initiative in zahlreichen Fällen vom Adel ausging und er seine Forderungen schriftlich festzulegen wünschte, wurde die Abfassung des Dekrets von der Kanzlei des Herrschers erledigt, und offensichtlich ziemlich freizügig. So