Franciscus Dőry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 11. Budapest, 1976)

Einleitung

sich gegen die Einfügung der neu entdeckten Texte, ja sogar gegen die Korrektur der Texte. „Eine solche Erweiterung des Textes hätte den Wert einer neuen Ausgabe nicht erhöht, sondern herabgesetzt, wie eine Umformung des Textes in der Weise, daß man durch die Sammlung authentischer Originaltexte aller Handschriftensammlungen die möglichst vollendeten Texte der Gesetze fest­stellen hätte wollen. Auch hier muß die sanktionierende Wirkung der Überliefe­rung anerkannt werden." 24 Neben der Anerkennung der Verdienste beider Pioniere können wir nicht verschweigen, daß nicht einmal sie den sich selbst auferlegten Forderungen der „collectio correcta" völlig entsprochen haben. So geübt sie auch immer im Lesen der Originaltexte waren, ihre Abschriften enthalten trotzdem zahlreiche Fehler. In einer Zeit, da kirchliche und weltliche Würdenträger, Familien des Hoch- und Mitteladels ihre Archive eifersüchtig hüteten, mußten zur Auffindung der Ori­ginaltexte mehrjährige Reisen unternommen werden. Da auf ihren in 6000 Ex­emplaren erlassenen Aufruf trotz der versprochenen Belohnung nur zwei Ant­worten eingegangen waren, 25 konnten sie nicht daran denken, alle Exemplare zu vergleichen, sondern mußten sich mit der Veröffentlichung einiger Varianten begnügen. Da sie die Ergänzung des CJH als ihre vornehmliche Aufgabe be­trachteten, beschäftigten sie sich mit den in der Gesetzesammlung zusammenge­faßten Texten allenfalls in Form von „lectiones variantes" -Veröffentlichungen, ihre neuen Ausgaben haben sie nur geplant, jedoch nicht verwirklicht. So muß die moderne kritische Ausgabe auch die Texte der beiden Kovachich' gründlich kontrollieren. Ihre vierte Forderung, die „collectio authentica" ist heute bereits gegen­standslos. Die korrigierte Ausgabe der Gesetze sollte nämlich durch einen Reichstagsausschuß oder - wenn die „Dieta" gerade nicht tagte - durch die kö­nigliche Kurie überprüft werden und der Herrscher selbst sollte die Urkunde für die Authentizität erlassen. 26 Wäre der Plan der Kovachich' zu ihrer Zeit verwirk­licht worden, wäre er sinnvoll gewesen, denn das CJH hatte ja teilweise noch gül­tige Rechtsregeln zum Inhalt. Ihr Mißerfolg rührte vor allem daher, daß sie den Anspruch historischer Treue auch bei Texten erhoben, die mit entscheidenden Klasseninteressen verbunden waren. Der Auffassung des CJH als historische Quelle hätte im bürgerlichen Zeitalter grundsätzlich kein Hinderais im Wege stehen können, denn was von den Gesetzen aus der Zeit vor 1848 noch Rechts­kraft hatte — in der Millenniumsausgabe war das mit größeren Buchstaben ge­druckt worden -, konnte nunmehr lediglich vom Gesichtspunkt der „Urverfas­sung" in Rede kommen. Heute jedoch, befreit von den Schranken des Feuda­lismus und des mit feudalen Überbleibseln belasteten bürgerlichen Zeitalters, betrachten wir die Dekrete lediglich als geschichtliche und rechtsgeschichtliche Quellen und wollen verwirklichen, was die von Hajnóczy inspirierten Kovachich' geplant und wogegen die führenden Rechtshistoriker der Konterrevolution pro­testiert hatten. Unsere Publikation ist eine prinzipielle Stellungnahme gegen die bis zur Befreiung gültige Lehre vom „corpus clausuni" und will - durch Beseiti­24 Bevezetés a magyar jog történetébe (Einführung in die Geschichte des ungarischen Rechts). 2. Ausgabe. Budapest 1930, p. 279, zitiert von Párniczky-Bátyka: op. cit. p. 94. 25 J.N. Kovachich: Notitiae praeliminares... p. 145. 26 Ebenda pp. 171-172.

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