Franciscus Dőry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 11. Budapest, 1976)
Einleitung
Hungarici; seinen später allgemein gebräuchlichen Titel erhielt es jedoch erst nach der Ausgabe von 1696. 3 Die vor fast 400 Jahren begründete Tradition erwies sich als äußerst zählebig. Seit 1584 ist die Sammlung ungarischer Gesetze in zahlreichen Ausgaben erschienen. In der zweiten, der Wiener Ausgabe von 1628, wurde die angesehene Zusammenfassung des feudalen ungarischen Rechts, das Tripartitum von István Werbőczy an die Spitze des Werkes gestellt; 1686 gab der Jesuit Márton Szentiványi ihr den bis heute üblichen Titel und erweiterte sie durch mehrere juristische Abhandlungen; zwischen 1742 und 1751 wurde sie vom Jesuitenpater János Szegedi mit Anmerkungen versehen, der Text selbst in Paragraphen gegliedert. 4 Die letze Ausgabe wurde 1896 anläßlich des Millenniums der ungarischen Landnahme begonnen und bis 1947 jährlich durch die neu erlassenen Gesetze ergänzt. Diese „millennare" Ausgabe (in lateinischer und ungarischer Sprache) war in technischer Hinsicht ausgereifter als die bisherigen, hielt grundsätzlich jedoch an dem im Feudalismus entstandenen Prinzip der Geschlossenheit (corpus ciausum) fest; sie entsprach weder den Forderungen nach Vollständigkeit, noch denen nach kritischer Texttreue. Die Ansprüche der Geschichtsschreibung machen die Publikation einer neuen kritischen Ausgabe immer dringlicher. Niemand hat die Mängel des CJH so scharf kritisiert, wie die beiden verdienten Rechtshistoriker an der Wende zum 19. Jahrhundert, Márton György Kovachich und sein Sohn, József Miklós. Die Vorwürfe, die der erste Herausgeber der Quellen der ungarischen Kirchengesetzgebung, Ignác Batthyány, Bischof von Siebenbürgen, gegen Mossóczy vorbrachte, daß er nämlich im wesentlichen den Ilosvay-Kodex kopiert hätte, wurde durch die spätere Literatur widerlegt. 5 Viel gewichtiger ist die Kritik der beiden Kovachich, wonach der erste Herausgeber des CHJ nicht mit den Originaltexten gearbeitet, sondern die in den handschriftlichen Sammlungen gefundenen Kopien veröffentlicht habe; so seien deren Fehler in die späteren Ausgaben übergegangen und hätten, durch die Tradition verstärkt, die Korrektur des Textes behindert. Trotzdem wurden die Verdienste der Pioniere von József Miklós Kovachich anerkannt: „Utcunque demum Editio haec manca, heterogeneis onerata, et erronea sit, magnum tarnen meritum, et gratiae Mossoczio denegari non possunt, quod illam adornaverit, et integra fide, qua potuit, in ea versatus sit, alioquin forte diu etiam Seculo XVII. Editione Decretorum suorum, Hungária carere debuisset, et meliorem, nequidem Seculo XVIII. privatus aliquis adornasset." 6 Es wäre logisch gewesen, wenn im letzten halben Jahrhundert des ungarischen „ancien régime" ein neues, von den Fehlern bereinigtes Corpus Juris erschienen wäre. Das war eines der großen, jedoch erfolglosen Unternehmen von Márton György Kovachich. Als Beamter auf einem bescheidenen Posten der Ungarischen Kammer gab er 1789 seine kulturhistorischen Interessen auf und widmete seine ganze Kraft der 3 Decreta, constitutiones et articuli regum inclyti regni Vngariae, ab anno Domini millesimo trigesimo quinto ad annum post sesquimillesimum octogesimum tertium, publicis comitiis edita. Cum rerum indice copioso. Tirnaviae 1584. Für die Rolle von Telegdi vgl. Iványi: op. cit. pp. 63-65; der Inhalt der Ausgabe: J.N. Kovachich: Notitiae praeliminares.. . pp. 13-20. 4 S. darüber M. Párniczky - J. Bátyka: A magyar Corpus Juris. Az első kiadások forrásai (Das ungarische Corpus Juris. Die Quellen der ersten Ausgaben). Budapest 1936. 5 Ebenda pp. 54-55, Iványi: op. cit. pp. 66-67. 6 J.N. Kovachich: Notitiae praeliminares... p. 50.