Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Protokolle

in Aussicht zu nehmen. Ausser Wein und Holz könnten auch andere Artikel in dieser Art organisiert werden, so Zement, in späterer Zeit Zucker. Der k.k. Ministerpräsident spricht sich gleichfalls für die Schaffung von Organisationen in dem angegebenen Sinne aus. Für Holz sei eine solche bereits erwogen worden in Gestalt der aus Delegierten der Interessenten gebildeten und unter staatlicher Aufsicht stehenden Holzwirtschaftsstelle. Mit förmlichen Requisitionen für Exportzwecke vorzugehen, dürfte schwer möglich sein. Die Requisitionen haben sehr böses Blut gemacht und dürften zunächst auch ver­mieden werden können. Ob der freie Einkauf genügen werde, hänge im wesent­lichen von dem Verhältnisse der Exportpreise zu den Inlandspreisen ab. Am aller­wichtigsten sei es aber festzustellen, ob und in welchem Umfange vom Stand­punkte der militärischen Interessen eine Ausfuhr möglich sein werde. Beim Wein dürfte diese Möglichkeit wohl bestehen. Der k.u.k. Kriegsminister bemerkt hiezu, dass die Heeresverwaltung mit der durch die Knappheit auf allen Gebieten beeinflussten Stimmung der Bevölkerung rechnen müsse. Es müsse jedenfalls ein genügender Perzentsatz des Ertrages der Weinlese für den inneren Konsum reserviert bleiben. Der kgl. ung. Handelsminister gibt der Meinung Ausdruck, dass die beantragte und jedenfalls durchzuführende Erfassung und Organisierung eines grossen Handelsartikels wie Wein wohl nicht anders als im Wege der Kontin­gentierung in beiden Staaten der Monarchie durchzuführen sein werde. Jede dies­bezügliche Massregel müsse gleichzeitig und pari passu in den beiden Staaten ergriffen werden. Der Heeresbedarf müsse genau festgestellt und bestimmt werden, was die Heeresverwaltung in jedem der beiden Staaten beanspruche. Dies sei vor­wegzunehmen, von dem verbleibenden Rest sei ein gewisser Perzentsatz für den inneren Konsum in Abzug zu bringen, wobei auch ein gewisser Anteil für den Export Ungarns nach Österreich in Rechnung zu stellen wäre. Ohne jede Zwangs­massregel bezüglich des inneren Verbrauches dürfte ein Ergebnis wegen der voraussichtlich hohen inländischen Preise, die den Export unmöglich machen würden, kaum zu erzielen sein. Über die Art dieser Zwangsmassregeln müsse man sich allerdings noch schlüssig werden ; vielleicht ginge es mit der Enteignung eines Teiles der Ernte bei den Produzenten. Die Verbindung mit den ausländischen Abnehmern würde sich durch das Zuströmen ausländischer Händler, sobald die vorhandene Exportmöglichkeit bekannt würde, von selbst ergeben. Der k.k. Finanzminister begrüsst die Anregung der kgl. ung. Regierung und hat nur das Bedenken, dass bei einer vollkommen freien Betätigung des Handels die Inlandspreise sofort dem Exportpreise folgen dürften. Mit Höchst­preisen seien keine guten Erfahrungen gemacht worden, doch werden solche für den Inlandskonsum wohl in Erwägung gezogen werden müssen, während für den Export die freie Preisbildung gewahrt bliebe. Einen einheitlichen Höchstpreis für Wein hält der kgl. ung. Minister­präsident nicht für möglich; die Preise müssten nach Weingegenden ver­schieden bemessen werden. Eine Kontingentierung ohne Zwangsmassregeln sei auch nicht denkbar; allerdings könnten sich diese Massregeln auf die Weingegen­den beschränken. Das Ministerium des Äussern hätte in Deutschland Informa-

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