Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)
Protokolle
Jedenfalls sei die Anregung des kgl: ung. Ministerpräsidenten sehr beherzigenswert und müsse mit aller Energie verfolgt werden. Der kgl. ung. Ministerpräsident formuliert hierauf seine Anträge im einzelnen, wie folgt: a) Einvernehmliches Vorgehen der beiden Finanzministerien bei Erteilung der Einfuhrbewilligungen. Die Durchführung wäre den beiden Finanzministerien zu übertragen. Der k.k. Ministerpräsident erklärt sich hiemit einverstanden. b) Das k.u.k. Kriegsministerium hätte die beiden Import-Kommissionen darüber zu informieren, bezüglich welcher ausländischer Artikel seinerseits ein Importbedürfnis besteht, damit nicht Waren eingeführt werden, deren Beschaffung im Inlande möglich ist. Der k.u.k. Kriegsminister stimmt diesem Antrage zu. c) Aufnahme von Verhandlungen mit Deutschland behufs Behebung der Schwierigkeiten in der Durchfuhr und der Beschleunigung der Beförderung auf den deutschen Bahnen, insbesondere wegen rascher Zurückbeförderung der Transportfässer für Wein. d) Zentralisierung des Exporthandels in der Weise, dass der Staat an dem Gewinne mitbeteiligt ist, weil die Organisation des Exportes die staatliche Mitwirkung eventuell mit finanziellen Opfern erheischt. Unter Umständen müsste vielleicht auch mit Requisitionen vorgegangen werden. Der kgl. ung. Finanzminister erblickt in der Verschlechterung der Valuta eine Erscheinung, welche die erfolgreiche Kriegführung unmöglich machen könnte. Was die Exportfrage betreffe, so sei auf das Beispiel neutraler Länder, wie z. B. der Schweiz zu verweisen. Dort bestehe eine Organisation für den Käsehandel, die während des Krieges besonders ausgebaut wurde und das ausschliessliche Ausfuhrrecht besitze. Der Gewinn falle zum grösseren Teile dem Staate zu. Ähnliche Organisationen müssten auch in den beiden Staaten der Monarchie für die einzelnen in Betracht kommenden wichtigen Exportartikel unter Heranziehung der Fachkreise ins Leben gerufen werden. Sie könnten auf genossenschaftlicher Grundlage aufgebaut werden. Der aus dem Unterschiede zwischen dem inländischen Einkaufspreise und dem Exportpreise sich ergebende Gewinn wäre zunächst für die Deckung der Kosten der Organisation zu verwenden. Der Rest des Gewinnes sollte, wie in der Schweiz, ganz dem Staate zufallen oder es könnte, wenn sich die Interessenten dagegen auflehnen sollten, ein Teil des Gewinnes unter die Mitglieder der genossenschaftlich aufgebauten Organisation nach Massgabe des von jedem einzelnen Mitgliede beigestellten Exportquantums verteilt werden. Auf diese Weise würden je ein Virtel des Gewinnes zur Deckung der Kosten beziehungsweise zur Gewinnbeteiligung der Mitglieder der Organisation verwendet werden, während die restliche Hälfte dem Staate zufallen würde. Die benötigten Mengen an Exportware könnten wohl im freien Einkauf beschafft werden; doch sei infolge der starken Einschränkung der Spirituosenerzeugung die Möglichkeit einer ungesunden Spekulation nicht ausgeschlossen, infolge welcher die Inlandspreise auf eine Höhe hinaufgetrieben werden könnten, die eine Ausfuhr unmöglich machen würde. Nur in diesem Falle wären Requisitionen 36* 563