Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Protokolle

Der Vorsitzende ersucht die beiden Regierungen, wenn irgend möglich, diese Differenz zu beseitigen, da die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Monarchie durch eine weitere Verzögerung empfindlich geschädigt werden könn­ten. Die Türkei erkläre, die Zahlung an die Bahn nur mit Hilfe des Banken­vorschusses leisten zu können und habe das Banken-Konsortium bereits um die Bestätigung ersucht, dass die 40 Millionen für die Orientbahnen reserviert seien. Diese Bestätigung könne aber nicht erteilt werden, solange die Garantiefrage nicht entschieden sei, und die auch an das k.u.k. Ministerium des Äussern gerichtete Anfrage der türkischen Regierung könne nicht beantwortet werden. Unter diesen Umständen sei eine baldige Entscheidung der Frage notwendig. Der k.k. Finanzminister greift bei Begründung des österreichischen Standpunktes einer paritätischen Garantieleistung auf die Entstehungsgeschichte der Erwerbung der Majorität der Orientbahnaktien zurück. Diese sei seinerzeit durch ein österreichisch-ungarisches Banken-Syndikat überwiegend aus Gründen der auswärtigen Politik erfolgt ; während man österreichischerseits die Erwerbung der Aktien im Quotenverhältnisse ins Auge gefasst habe, sei ungarischerseits die paritätische Erwerbung gewünscht worden, womit man sich österreichischer­seits schliesslich einverstanden erklärt habe. Auch bezüglich der Beteiligung der beiden Regierungen an der Garantie für die 240 Millionen-Anleihe seien die beider­seitigen Standpunkte anfänglich verschieden gewesen: die k.k. Regierung wollte sie quotenmässig haben, während die königlich-ungarische Regierung den Vor­schlag gemacht habe, dass die Garantie nach Massgabe der von jedem der beiden Staaten an die Türkei übernommenen industriellen Lieferungen zu leisten sei. Dieser Vorschlag sei österreichischerseits schliesslich gleichfalls angenommen worden. Von dieser 240 Millionen-Anleihe sollen nun 40 Millionen für die Tilgung der Schuld an die Orientbahnen verwendet werden. Ein unmittelbares Interesse an dieser Zahlung habe die k.k. Regierung nicht, zumal der auszuzahlende Betrag auch jenen Aktionären zugute käme, welche ausserhalb des Banken-Syndikates stehen, in dessen Besitz sich die Majorität der Aktien befinde. Nachdem sich die beiden Staaten der Monarchie über ungarischen Wunsch paritätisch an dieser Aktien-Erwerbung beteiligt haben, könne man österreichischerseits auch keine Ursache haben, von diesem Verhältnis abzustehen. Der kgl. ung. Finanzminister weist darauf hin, dass zwei Gründe eine dringende Regelung der Angelegenheit erfordern: Gründe der auswärtigen Politik und die Möglichkeit, dass die Orientbahnen die Aussicht verlieren könnten, ihre Forderung an den türkischen Staat ausbezahlt zu erhalten. Bezüglich der Haftung der beiden Regierungen für diese Zahlung könne Redner dem österreichi­schen Standpunkte nicht beipflichten. Es handle sich nicht um eine Angelegen­heit, bei welcher von der Geschäftslage in dem seinerzeitigen Orientbahngeschäfte ausgegangen werden könne; massgebend seien vielmehr die Gesichtspunkte, welche schon bei Gewährung der Garantie für die 240 Millionen-Anleihe mass­gebend gewesen seien. Da es sich um eine aus Anlass des Krieges entstandene Schuld des türkischen Staates überwiegend für von den Orientbahnen geleistete militärische Transporte handle, könne mit Recht von Subsidien gesprochen wer­den, welche der Türkei aus politischen Gründen gegeben werden. Da hiefür kein

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