Mitteilungen des K. K. Archivrates 3.

Alfons Žák: Das Stiftsarchiv in Geras (Niederösterreich)

Das Stiftsarehiv Ln Geras (Niederösterreioh). 93 Im Visitationsprotokoll von Jahre 1544 D liest man bei Pernegg: »Die confirmationes und andere briefliche urkhundt sein under des Gots- haus Gerus insumiert.« Und bei Geras: »Nach erinnerung und vernembung der röm. Kais. Majestät credentzbrief hat uns abbt Erhärt antzaigt: der closter stifftbrief sollen vor jaren durch die Hussiten verprennt worden, aber nichts minder ain lateinische confirmation des Eggobertus Grafen zu Berneckh, gedachter zwayer clöster stiffter ist von Diepollden bischofen zu Passaw ausgeent, der dat im 1188 jar indictione sexta.« Es ist eben die älteste Urkunde des Stiftes Geras, und 13 andere werden dort noch genannt1 2), von denen die viel- letzten nicht mehr vorhanden sind. Bei der Inventur im Kloster Pernegg am 6. März 1566 fanden die kaiserlichen Kommissäre 27 Originalurkunden nebst etlichen Grund-, Dienst- und Urbarbüchern vor. »Sonst nichts mehr«, schließt der Be­richt, »anderes ist entweder vor Jahren verbrannt oder nach Geras über­führt worden«.3) Wie man später sehen wird, ist seitdem manche wert­volle Urkunde in Verlust geraten. Seit 1615 wurde Geras vom Pernegger Propste Valentin Springei administriert. Bei dem Greuel der Verwüstung, die im Jahre 1619 und 1620 Geras betroffen hat, war die Kettung der Geraser Archivalien nur dadurch möglich, daß sie rechtzeitig nach dem gut befestigten Kloster Pernegg übertragen worden sind. Tatsächlich sonderte in Pernegg der anwesende Generalvikar v. Questenberg am 13. Fe­bruar 1627 die Privilegienbriefe der Stifte Geras und Pernegg vonein­ander ab.4) Der neue Abt von Geras, Benedikt Lacken (1627 bis 1632), war sichtlich bemüht, sein Stiftsarchiv wieder in Ordnung zu bringen. Zuerst mußte jedoch an die Baulichkeiten gedacht werden, und erst der eifrige Bauherr Abt Johann Westhaus, der die meisten Bauten unternommen hatte, versäumte es nicht, auch das Stiftsarchiv zu berücksichtigen. Unter ihm wurde ein Kopialbueh (1663) angelegt, welches auf dem Ledereinbande den Titel trägt: Privilegia Monasterii Geracensis B. Mariae Virginis, descripta sub F. Joanne Westhaus, Abbate ibidem etc. Anno MDCLIII. Es ist ein Papierkodex in 4°, gebunden, 342 pp., in welchem etwa ein Fünftel unbeschrieben ist. Das Buch5) enthält im ganzen 168 Kopien von Urkunden, allerdings mit zahlreichen Schreibfehlern und mit verschiedenen Handschriften, darunter auch Ein­tragungen aus viel späterer Zeit, z. B. 13 Stück aus dem Jahre 1551 bis 1742. Zwei Kopien betreffen gar nicht das Stift Geras und sind hier auch \ 1) Ood. 415, IM. 2 f, 410 ff. und 414—416 (Wiener Staatsarchiv). 2) Vgl. unter Nr. 1. 2, 4, 37, 47, 50, 51, 54, 87b (verschollen), 118, 150. 3) Niederösterreiehisehes Landesarchiv, Nr. 350, Stift Pernegg, Pasz. I, Nr. 1. Vgl. Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederosterreich 1899, S. 245. 4) Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreioh 1900, S. 266. 5) Stiftsarchiv zu Geras.

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