Mitteilungen des K. K. Archivrates 3.
Otto H. Stowasser: Das Archiv der Herzoge von Österreich. Eine Studie zur Überlieferungsgeschichte der habsburgischen Urkunden
Das Archiv der Herzoge von Österreich. 25 nochmallen genomen hat, die tewrer denn drewr tausent gulden wert sind. Begert unser herr der kunig, im dieselben püher widerzugeben. Die 1411 angeregte Teilung war also nicht durchgeführt worden, wie dieses Schriftstück aus dem Jahre 1455 beweist; sie sollte auch bald durch den Tod des .jungen Königs gegenstandslos werden. Es wäre aber irrig, darum zu glauben, daß etwa der Grundstock der vor 1379 entstandenen Archivalien in Wien oder sonstwo beisammenlag, abgesehen von den Extraditionen, die nachweisbar aus Wien stattgefunden hatten, und daß die neuentstandenen Linien des Hauses, wieder abgesehen von Verschleppungen, wie sie des Königs Ladislaus Beschwerden festhalten, kein älteres Archivmaterial besaßen. Das beweisen die Nachrichten über die verschiedenen Streitigkeiten bei der Archivteilung der Leopoldiner untereinander. Wir erhalten in diese Fragen Einblick durch den Schiedspruch, den Graf Hermann von Cilly in dem Streite der Herzoge Leopold und Ernst nach dem Tode Herzog Wilhelms am 23. Februar 1407 zu Wiener- Neustadt fällte. Es handelt sich hiebei auch um den Schatz an Kleinoden und Briefen in der Burg zu Wien, über welche ja nun Herzog Leopold als Nachfolger Herzog Wilhelms in der Vormundschaft über den jungen Herzog Albrecht verfügen sollte. Graf Hermann entschied: . . . von der slussel wegen, die zu dem egenanten sagrer gehörend, die sullen sy in solher mazz verpetschaden und zu ,erbern herren nyderlegen, das der sagrer wol versorgt sey und sol auch ainer an den andern darin nicht geen noch das gestatten ze tun. Aber um die brief, die in dem egenanten sagrer ligend und die zu dem land Steir ‘gehörend, sprechen wir, was der unserm herren herezog Ernsten notdürftig sey, die sol man im anttwurtten. Dann umb alle register in unsers herren herezog Wilhalms seligen kanczley sprechen wir, daz man der unserm herren herezog Ernsten sol abschrift geben an verziehen, daz er sich dester paz in den landen, die er yeczund innehat, darnach wisse ze richten. Dieses Urteil, von dem beide Ausfertigungen im Wiener Staatsarchiv aufbewahrt werden, ist überdies auch wegen der Absperrungsmaßnahmen des Sagrär von Interesse, weshalb ich die Stelle auch aufnahm. Soweit dieses Urteil aber die Urkunden im Sagrär zu Wien betraf, scheint es nach dem oben besprochenen Schiedspruch König Sigmunds zunächst nicht oder nur mangelhaft ausgeführt worden zu sein. Was wegen der Kanzleiregister Herzog Wilhelms geschah, vermag ich derzeit nicht festzustellen. Doch weise ich auf die Tatsache hin, daß wir Abschriften von Registern besitzen, die aus dieser Zeit stammen. Eine gewisse Entscheidung kann hier nur eine ganz eingehende diplomatische Untersuchung bringen und es zeigt sich bei diesen Fragestellungen deutlich genug, wie da Kanzlei- und Archivgeschichte ineinandergreifen,