Mitteilungen des K. K. Archivrates 3.
Otto H. Stowasser: Das Archiv der Herzoge von Österreich. Eine Studie zur Überlieferungsgeschichte der habsburgischen Urkunden
22 Otto H. Stowasser bürg vorübergehend von dem Standpunkte der Eealteilung von 1379 ab wichen und zu dem Senioratsgesetz zurüekkehrten, wie es Herzog Budolf IV. vorgeschwebt hatte und von ihm statuiert worden war, als eben Albrecht III. und nach ihm die Leopoldiner mit Herzog Wilhelm dieses Seniorat ausübten.1) Diesem Zustande wurde 1411 ein Ende bereitet und die Eealteilung von 1379 wieder zu Eecht anerkannt, gleichwie dieselbe Zeit die Leopoldiner sich in eine steirische und tirolische Linie spalten sah, doch sind wir über das Wesen dieser neuen Teilung zu Anfang nur schlecht unterrichtet. Uns interessiert aber vor allem hier die Frage, welche Archivalien 1411 zur Aufteilung gelangen sollten. Und da scheint mir eine andere Stelle des Schiedspruches vom 30. Oktober 1411 einen deutlichen Fingerzeig zu geben. Sie lautet: Item als uns dann der vorgenant Ernst in der obgenant siner versigelten czedel auch beschriben gegeben hat, wie daz er und hertzog Fridrichs sins bruders rete gevordert haben die cleynat und gestein, gold und silber und auch die brieve, die in und iren landen zugehören und die noch in dem sagrar zu Wienn verbetschat ungeteylet ligen und daz man in des nit hab stat tun wollen etc. und als der vorgenant Albrecht in der obgenanten siner versigelten ezedeln uns gegeben dorüf geentwort hat, daz er des nye wider gewesen sy und Sy des noch niht wider, also daz er und sin erben von dem vorgenanten Ernsten und Fridrichen versorgt werden, wenn er in solich cleynat und briefe, die in rechtlich zugebüren entwort, daz er hinfür ön Zuspruch von in belybe etc., doruff sprechen wir, daz der vorgenant Albrecht solich teilunge zu tun bereit sin und den vorgenanten Ernsten und Fridrichen ire teile, die in an den vorgenanten cleynaten und brieven zu recht gehören, geben solle und daz auch dieselben Ernst und Fridrich ire briefe und quitantzen für sich und ir erben demselben Albrechton geben sollen, daz er und sin erben fiirbaz ön anspruch dorumb helyben. Wir würden klarer sehen, wenn uns die Akten der Vorverhandlungen, um die sich Burggraf BYiedrich von Nürnberg vor allem bemühte, erhalten wären, wenn uns statt der summarischen Auszüge aus den beiderseitigen Prozeßschriften deren voller Wortlaut noch vorläge. Aber auch so, scheint mir, dürfen wir mit Fug und Eecht aus diesen Worten des Schiedspruches den Schluß ziehen, daß es zwar seit 1379 zwei Kanzleien gab, das alte Archiv aber im wesentlichen noch ungeteilt war, gleichwie der Schatz, zu dem jene Zeit es rechnete, allen Ansätzen zur Aufteilung zum Trotz noch beisammenlag. Ich sage mit Absicht »im wesentlichen ungeteilt», weil wir ja wissen, daß eine strenge Zentralisation aller Archivalien nicht durchgeführt war, sondern wir annehmen dürfen, ü Über die Verschiedenheiten zwischen Albrechts III. und Herzog Wilhelms Regierung vgl. man Zeißberg a. a. 0.