Mitteilungen des K. K. Archivrates 3.
Otto H. Stowasser: Das Archiv der Herzoge von Österreich. Eine Studie zur Überlieferungsgeschichte der habsburgischen Urkunden
Das Archiv der Herzoge von Österreich. 19 am Auslauf der Kanzlei auch wirklich das erste seiner Art war und aut Grund vorhandener Konzepte, urbarialer Aufzeichnungen u. dgl. entstand, die ohne Zweifel irgendwie vorhanden waren, weil eben anders diese Auswahl aus dem Auslaufe nach dem Grundsätze der Materie, die Handschrift ist ja und will nichts anderes sein, nicht möglich gewesen wäre. Daß uns heute zum größten Teile von diesen Beständen — und das gilt für die ganze Periode, von der wir sprechen —nichts mehr erhalten ist, erklärt sich auch aus der bald verbesserten Technik. Während das Pfandverzeichnis von 1313/14 noch mit kurzen, wegen 8es Klerikerstandes der Kanzleibeamten mit Vorliebe noch lateinisch abgefaßten Eegesten arbeitet, ging man bald dazu über, den Auslaufen solchen Büchern mehr oder minder fortlaufend und gleichzeitig und mit vollem oder doch nur unwesentlich gekürztem Wortlaut festzuhalten. Dann hatte das Einzelkonzept, oder selbst ein Konzeptheft, an welches man ja auch denken könnte, natürlich keinen Wert mehr für den Verwaltungszweck, den man im Auge hatte, und wurde — Altpapier. Wir wundern uns darum nicht, daß die fortschreitende Ordnung des Auslaufes in solchen Übersichtsbüchern, als die wir in der österreichischen Kanzlei zuerst Pfand- und Lehenregister, später auch andere Spielarten kennen, das Materiale, das da verarbeitet wurde, der Vernichtung anheimgab, so sehr wir es um unserer Erkenntnis willen auch bedauern. So liefert die fortschreitende Organisation der Kanzlei und ihrer Arbeit dem entstehenden Archive eben den zweiten großen Teil seines Bestandes, der auf dem Auslauf beruht1) und entsprechend der Fortentwicklung der Verwaltung und ihres Geschäftsganges immer erhöhte Bedeutung gewinnt. Können wir so das Anwachsen der Archivalien, die in der Kanzlei erlagen, indem wir deren Geschichte und vor allem ihren Geschäftsgang zu erforschen suchen, zwar verfolgen, so fehlt es uns doch an direkten Nachrichten in sehr bedauerlichem Maße. Zum ersten Male spricht Herzog Albrecht III ausdrücklich von seinen Archiven bei Gelegenheit der Übersendung der beiden Goldbullen Kaiser Friedrichs II. für Ottokar und Wenzel von Böhmen vom 26. September 1212 und vom Juli 1231, die man eben (die Urkunde ist vom 2. April 1358 datiert) im österreichischen Archiv gefunden hatte und die der Herzog nun durch den Burggrafen Burkhard von Maidburg und Albert von Puchhaim an Kaiser Karl IV. übersandte.2) 1) Daraus erklärt sieh die Tatsache, daß das Archiv, der Babenberger, das in Klosterneuburg beruhte, als Hausarc-hiv oder wenn man will als Einlaufsarehiv erscheint, weil eben' damals keine Kanzleiorganisation vorhanden, beziehungsweise erst im Entstehen begriffen und in den Anfängen war. Vgl. hierüber Mitis, a. a. 0. 2) In nostris scrineis secretorum nostrorum nuper et recenter invente sunt. Or. Böhm. Urkunden des Staatsarchivs. Lichnowsky-Birk III, 2006, Bereits hervorgehoben von Gustav Winter, Die Gründung des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs. A. f. ö. G. 92, S. Í ff. 2*