Mitteilungen des K. K. Archivrates 1. (Wien, 1914)
Dr. Václav Vojtišek: Das Archiv der Stadt Prag und seine Erforschung
40 Dr. Váelav VojtíSek. vorgenommen ward, wurde auch das Stadtarchiv als eigenes städtisches Amt organisiert und bei demselben ein Stadtarchivar bestellt. Diesem fiel die Aufgabe zu, aus dem zersplitterten und ungeordneten Material, aus welchem kurz zuvor noch ein Großteil der Stadtbücher ungefähr aus den Jahren 1680 bis 1850 für den amtlichen Gebrauch der neuerrichteten staatlichen Gerichtsämter ausgeschieden worden war, erst ein Archiv im eigentlichen Sinne des Wortes zu schaffen. Als erster Stadtarchivar wurde vorn Stadtverordneten-Kollegium Karl Jaromir Erben, Sekretär und Archivar des böhmischen Nationalmuseums, gewählt, welcher weiteren Kreisen mehr durch seine dichterische als durch seine wissenschaftliche Tätigkeit bekannt ist. Und dieser Mann hat während seiner Amtsführung bis zu seinem Tode im Jahre 1870 zuerst allein, dann unter Beihilfe Josef Banks, des bekannten Lexikographen und seit 1864 Registrators und später Direktors der Prager städtischen Hauptregistratur, und endlich unter Beistand Dr. Josef Emlers, welcher einer der ersten Absolventen des Wiener Instituts für österreichische Geschichtsforschung war und 1864 zum Stadtarchivadjunkten gewählt wurde, die große Arbeit der Ausgestaltung und Ordnung des Archivs in dem Maße vollbracht, daß dasselbe bald dem amtlichen Bedarfe dienen konnte und der wissenschaftlichen Benützung zugänglich wurde. Bis dahin waren nur die Privilegien der Prager Städte und wichtigere Rechtsurkunden in ziemlich guter Ordnung verwahrt gewesen. Zu diesen waren auch Kataloge vorhanden. Im übrigen aber waren nur noch die Stadtbücher mit amtlichem Bedarf dienenden Indices und Repertorien versehen. Erben legte zu denselben neue gründliche Verzeichnisse an und als er in den Jahren 1857 bis 1864 an die Skalierung der Reste der alten aus der Zeit vor 1784 stammenden städtischen Registraturen ging, vereinigte er mit den vorhandenen Privilegien eine allmählich anwachsende Reihe von Rechtsurkunden und Aktenstücken, welche er den genannten Beständen entnahm, sowie eine Sammlung solcher Urkunden, welche persönliche Verhältnisse Prager Bürger und einzelne städtische Objekte betrafen. Auch die Sammlung der Handschriften und Stadtbücher, welche in den Anfängen des Archivs ungefähr 1190 Stück zählte, wurde allmählich durch Amtsbücher vermehrt, welche von einzelnen städtischen Ämtern an das Stadtarchiv abgetreten wurden, namentlich aber durch die im Jahre 1850 bei Gelegenheit der Behördenorganisation eingezogenen und seither beim k. k. Landesgerichte in Prag verwahrten 208 älteren Stadtbücher, um deren Ausfolgung Emler zwar bereits im Jahre 1884 angesucht hatte, die jedoch erst auf das tatkräftige Einschreiten des Freiherrn von Helfert (siehe seinen Aufsatz »Übergabe der Stadtbücher der königl. Hauptstadt Prag an die Stadtgemeinde« in Mitteilungen der III. (Archiv-) Sektion der k. k. Zentralkommission, IV. Bd.)