Mitteilungen des K. K. Archivrates 1. (Wien, 1914)
Dr. Bertold Bretholz: Zur Geschichte des mährischen Archivwesens
Zur Geschickte des mährischen Archivwesens. 33 ganzen Bestandes, ebenso Iglau und einige andere kleine Gemeinden, wie etwa Gaya, Neustadt, Saar, Sternberg, Trebitsch, Zwittau u. a. Mehrfach hängt die Archivordnung zusammen mit den in den letzten zwei Jahrzehnten aufgekommenen Stadt- und Ortsmuseen, in denen auch die wichtigsten (oder schönsten) Archivalien zur Schau gestellt werden1). Das ist meines Wissens der Fall in Boskowitz, Littau, Mährisch-Kromau, Mährisch-Trübau, Neutitschein, Proßnitz, Römerstadt, Stramberg, Un- garisch-Brod, Weißkirchen. Von den hundert Städten, die wir in Mähren zählen, dürften wohl mehr als die Hälfte entweder gar keine Archivalien oder nur noch einige Privilegien besitzen, allein abgesehen davon, daß wir über die Bestände vieler Städte nichts wissen (und trotz amtlicher Anfragen nichts erfahren können), wäre es wünschenswert, von jeder Stadt ganz genaue, zuverlässige, positive oder negative Angaben über Umfang und Inhalt ihrer Archive zu haben, was nach dem Stand der Vorarbeiten heute ohne besondere Schwierigkeiten durchführbar wäre. Mit der unverkennbaren Besserung der Verhältnisse, die in unserem Lande in den Adels- und Stadtarchiven seit etwa zwei Jahrzehnten eingetreten ist, stehen wir gewiß nicht allein da. In manchem anderen Lande unserer Monarchie dürfte es sich ähnlich verhalten. Allein ohne Parallele scheint es mir sein, daß bei uns auf einem Gebiete der Archivsorganisation ein Anlauf genommen wurde, der bisher die mindeste Beachtung gefunden hat: das sind die Dorfarchive. Darauf noch wenigstens in Kürze hinzuweisen, glaube ich bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen zu sollen. Im Jahre 1902 begann der insbesondere durch topographische Arbeiten bekannte Schulmann Vinzenz Prasek (f 1912) eine Zeitschrift (in tschechischer Sprache) unter dem Titel »Das Dorfarchiv« (Selsky Archiv, wörtlich Bäuerliches Archiv) für Mähren und Schlesien herauszugeben, in dem richtigen Gefühl, daß es allerhöchste Zeit sei, die letzten bescheidenen Reste der einstmals so mannigfachen bäuerlichen Kultur zu verzeichnen, die Gegenstände zu beschreiben, die schriftlichen Denkmäler zu veröffentlichen. Die Zeitschrift selbst sollte in erster Linie in populärer Darstellung Schilderungen aus der Kultur-, Wirtschafts- und Rechtsgeschichte des Bauernstandes vor dem Jahre 1848 darbieten, dann aber in einem Anhang ein »Urkundenbuch« führen, in dem teils in vollem Abdruck, teils in Regestenform der Inhalt der alten Dorftruhen bekannt gemacht werden sollte. In den sieben Jahrgängen, die 1902 bis 1908 erschienen sind, finden wir über 500 Urkunden aus dem XV. bis XVIII. Jahrhundert für nicht ganz ebensoviele Ortschaften zum ersten Male abgedruckt. Eine selbständige Rubrik der Zeitschrift beschäftigte sich iiber’) Hierin liegt allerdings oft auch ein Nachteil für das Archiv, indem man sie nur von dem Gesichtspunkte bewertet, ob sie für Schaustellung geeignet sind oder nicht. Mitteilungen des k. k. Arckivrates. I. q