Mitteilungen des K. K. Archivrates 1. (Wien, 1914)
P. Benedikt Hammerl: Die Bibliothek des Wiener Klerikers Otto Gnemhertl um 1300, heute in der Stiftsbibliothek zu Zwettl
Die Bibliothek des Wiener Klerikers Otto Gnemhertl um 1300. 203 14. Jahrhunderts, also in die Periode des theologischen Studiums und des werktätigen Lebens Ottos 23 Volumina fallen. Otto fand an seinen Büchern jedenfalls viel Freude und schätzte sie sehr. Dies bezeugen uns zwei Momente an seiner Bibliothek: der einheitliche Bucheinband und der Eigentumsvermerk. 18 Volumina, welche auch gleichkommen 18 heutigen Kodexnummern, liegen uns noch in ihrem Gnemhertlschen Originaleinband vor, an ihnen läßt sich das Entstehen des Einbandes unschwer also rekonstruieren: Über die festgehefteten Pergamentlagen werden zwei Buchenholzbretter, 5—8 mm stark und wohlgeglättet, als vorderer und hinterer Deckel gelegt; über den Buchrücken und diese Holzdeekel wird ein weißer Pergamentstreifen derart gelegt, daß er den Rücken voll bedeckt und seitlich auf jeden Buchenholzdeckel noch 4—6 cm übergreift, die weitere Fläche des Holzdeckels leer und blank im geglätteten Holz belassend. Dieser weiße Pergamentrüeken wird an den gehefteten Pergamentlagen zunächst gut mit Kleister angeklebt, seine horizontalen und seine an die Holzdeckel übergreifenden vertikalen Ränder werden überdies mit 8 mm breiten Streifen aus rotem Leder belegt und durch diese roten Lederstreifen und die Ränder des Pergamentstreifens werden Eisenstifte in das Holz des Deckels getrieben, welche somit den ganzen Rückeneinband im Holz festhalten. Ebensolche rote Lederstreifen, je nach der Höhe des Buches 3—5 an der Zahl, werden in regelmäßigen Abständen nun quer über den bereits befestigten weißen Pergamentrücken gelegt und gleichfalls durch die auf die beiderseitigen Holzdeckel aufgelegten vertikalen Rotlederstreifen hindurch mit Eisenstiften am Holzdeckel befestigt, sie schließen an den vertikalen Rotlederstreifen ab. In die durch diese roten Querstreifen auf dem weißen Pergamentrücken so erzeugten Felder ist mit einem Schlagworte in Majuskeln mit schwarzer Tinte, vertikal von oben nach unten der Buchinhalt angeschrieben, z. B. IN GENESIM, RABANUS, MORALITATES usw. Behufs Verschlusses des Buches auf der dem Rücken entgegengesetzten Seite sind auf der Außenkante des rückwärtigen Holzdeckels mittels Messingstiften ein oder zwei weiße Lederstreifen, zirka 1 cm breit, und je nach der Stärke des Buches verschieden lang, festgemacht. Bei geschlossenem Buch werden diese Streifen von dem rückwärtigen Holzdeckel zu dem vorderen Holzdeckel gezogen und dadurch, daß sie mit einem an ihrem Ende befindlichen, durch Messingbeschläge vor Ausreißen geschützten Loch in einen, an entsprechender Stelle im Vorderdeckel eingeschlagenen Messingstift ein greifen, halten sie das Buch geschlossen. Auf einzelnen Einbänden ist an der unteren Ecke des rückwärtigen Holzdeckels eine Eisenspange zur Aufnahme einer eisernen Anhängkette angebracht; nur wenige Ketten sind erhalten, Spangen ohne Kette mehr. Mitteilungen des k. k. Archivrates. I. 14