Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 7. (Dritte Folge, 1911)

Die Schlacht bei Prag im Jahre 1757. Nach dem Erinnerungen eines Augenzeugen. Mitgeteilt von Major Sommeregger

Neben dem ruhigen Strome der kühlen, leidenschafts­losen Geschichtsschreibung läuft ein anderer Literaturquell frisch sprudelnd einher, von jener viel benutzt: Die Schilderung eigener Erlebnisse. Sowohl interessante Be­gebenheiten als auch eigenartige Zustände treten mit be- besonderer Klarheit vor uns, wenn sie von Augenzeugen geschildert werden. Häufig rühren wertvolle Memoiren von Menschen her, die an ihrem Lebensabend auf ein an Schick­salen und Erlebnissen überreiches Dasein zurückblicken. Auch im nachstehenden im k. und k. Kriegsarchiv unter der Bezeichnung Kabinettsakten 1757, Y, 40 b erliegenden Be­richte soll der Leser neben dem sachlichen Interesse nicht minder von der Persönlichkeit des Schreibers gefesselt werden. Ein zum Krüppel geschossener alter Offizier erzählt nach 30 Jahren seine lebhaften Erinnerungen an die Schlacht bei Prag, die er als kraftstrotzender und tapferer Grenadier­hauptmann mitgemacht hat. Diese Erzählung macht den Ein­druck, daß es dem Berichterstatter nicht darum zu tun ist, von sich zu sprechen oder überhaupt hervorzutreten, sondern wahrhaft Durchlebtes, nachdem er aus dem militärischen Leben in die Stille zurückgekehrt war, vor seinem inneren Auge vorüberziehen zu lassen. Er würde mit diesen persönlichen Erinnerungen vielleicht niemals in die Öffentlichkeit getreten sein, wenn er nicht hiezu aufgefordert worden wäre. Aus dem Geschriebenen geht deutlich das Streben hervor, daß der Inhalt eines jeden von ihm niedergeschriebenen Satzes die Probe voll­wertiger Wahrheit aushalte. Dafür sprechen nicht nur seine Worte: „Etwas Mutmaßliches hat hier keinen Raum”, sondern auch die volle Übereinstimmung seiner Schilderung mit den historischen Tatsachen. 1*

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