Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Erzherzog Johanns "Feldzugserzählung" 1809 (1909)

I. Kapitel (Vorgeschichte des Krieges)

IO Erfolg blieben, Preußen war zu schwach und als nur von der erstbenannten abhängig zu betrachten, am 8. Sep­tember hatte der Vertrag zwischen Champagny und dem Prinz Wilhelm von Preußen die noch bestehenden Irrungen ausgeglichen. Am 24. Dezember reiste der König nach Petersburg. Wohl mochte er, vielméhr die einsichtsvolle, hochherzige Königin, Österreich gewogen sein und den geheimen Wunsch hegen, mitwirken zu können, allein die eigene Existenz erforderte, Rußlands Pintschlüsse zu er­kennen, um so mehr, da die öfteren Unfälle Österreichs nicht das Vertrauen für künftigen glücklichen Erfolg fesselten. Ende des Jahres 1808 stand es so mit Europa. Ruß­land war bloß mit der Pforte im Krieg, die Politik dieses Staates zielte dahin, mit Frankreich im Frieden zu leben und während Napoleon im beständigen Kampfe be­schäftigt war, im Okzident sich vergrößerte, nichts zu ver­nachlässigen, was die Macht dieses Staates im Orient emporbringen konnte; darum das Streben, zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer vorzudringen (darum alle Kriege mit Persien) und jenes, die Pforte'aus Europa zu drängen. Wohl ist die Politik des Kabinetts von jener des Regenten zu unterscheiden. Ersteres, in zwei Parteien getrennt, wovon die eine für, die andere gegen PVankreich stimmte, hatten doch immer gleichen Zweck: Vergrößerungen auf Kosten des übrigen Europa, vorzüglich der Pforte und in den besseren Regionen Asiens. Jene für Frankreich hatte jetzt die Ober­hand. Der Kaiser, friedliebend, keines großen Entschlusses fähig, eitel, hatte bei seinen Unterredungen mit Napoleon jenen Einfluß erprobt, welchen Beschränkte stets vor großen Männern fühlen; nämlich das große Übergewicht des letzteren in allem, daher die P'urcht und die Über­zeugung, gegen diesen Mann sei nichts zu unternehmen, kein Mann ihm entgegenzustellen. So ein Eindruck ist bei schwachen Seelen bleibend; hätte man diesen Gesichtspunkt er­wägen wollen, so hatte man bereits die Gewißheit, daß für jetzt von Rußland gegen Frankreich nichts zu erhoffen sei. Wie es mit Preußen stand und wie es dachte, sagte ich

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